Luftverschmutzung gehört nach wie vor zu den weltweit größten Gefahren für die Gesundheit.  Zudem bedrohen Luftschadstoffe die Ökosysteme. Lokale Entscheidungsträger in der Verkehrs-, Stadt- und Umweltplanung brauchen Unterstützung, um die Wechselwirkungen zwischen Luftschadstoffen und äußeren Einflüssen zu verfolgen. Darum geht es in dem Forschungsprojekt SAUBER. Dort wird eine Informationsplattform mit KI-basierten Ansätzen gebaut, die auch Prognosen und Simulationen der zukünftigen Luftverschmutzung erlauben. Nun ist der erste Demonstrator entstanden. Die Software AG hat mit ARIS Dashboarding-Funktionen das User Interface dazu gebaut.

Der Name ist Programm. Denn bei SAUBER (Satellitenbasiertes System zur Anzeige, Prognose und Simulation von Luftschadstoffen für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung) geht es um saubere Luft. Das Herzstück von SAUBER bildet eine Geodateninfrastruktur, auf der alle relevanten Daten gespeichert werden und die zur Anzeige, Prognose und Simulation von Luftschadstoffen genutzt wird. Dazu werden Satellitendaten von Sentinel-3 und Sentinel-5P des Raumfahrtprogramms Copernicus analysiert, die in einer bisher unerreichten Qualität und Auflösung Stickstoffdioxid, Feinstaub, Ozon und Kohlenmonoxid aus dem Orbit erfassen können. Mit den Satellitendaten geht SAUBER in der Flächenabdeckung deutlich über die punktuellen Erhebungen der stationären Messstationen in den Pilotregionen Stuttgart und Nordrhein-Westfalen (NRW) hinaus. Als weitere Datenquellen dienen u.a. aktuelle und historische Verkehrs- und Wetterdaten sowie Ergebnisse der lokalen Luftmessstationen und Informationen zur Topografie und Bebauung. Dabei gilt: Je größer und vielfältiger die ergänzenden Daten sind, desto bessere Ergebnisse können erzielt werden.

Mit KI den Schadstoffen auf der Spur

Was passiert nun mit den vielen Daten? Sie werden miteinander verknüpft und mit Hilfe von analytischen Verfahren ausgewertet, sodass sich ein flächendeckendes, zugleich aber möglichst genaues Bild der aktuellen Luftqualität ergibt. Dieses Bild geht in der räumlichen Abdeckung über die punktuellen Messungen der Luftqualität hinaus und übertrifft dabei im Detailgrad die Auflösung der Satellitendaten deutlich. Mit Hilfe von KI-Methoden werden Zusammenhänge bzw. Abhängigkeiten aufgespürt und in entsprechende Prognosen und Simulationen für die Stadt- bzw. Regionalentwicklung überführt. Daher arbeitet das SAUBER-Projektteam eng mit den Anwendungspartnern, dem Umweltamt Stuttgart und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, zusammen.

Demonstrator zeigt Visualisierungspotentiale

Die Software AG spielt in dem Forschungsprojekt eine entscheidende Rolle. Sie ist nicht nur Konsortialführerin, sondern verantwortet auch die Konzeption und Entwicklung der SAUBER-Plattform. Zum Einsatz kommen unsere Messaging Technology und ARIS Dashboarding-Funktionen für das Interface des Demonstrators.

Auf der SAUBER-Plattform werden nun alle Daten eingespielt, miteinander verschnitten, ausgewertet und schließlich in die SAUBER-Dienste überführt. Und genau diese Dienste zeigt uns der Demonstrator, der die Möglichkeiten des Systems visualisieren soll:

Der „Stations-Viewer“ bildet Schadstoffbelastung, Wetter und Verkehrsaufkommen in Form einer Karte ab.

Hier sieht man die NO2-Werte an der Stuttgarter Messstation „Am Neckartor“

Der Dienst „Prognose“ ermöglicht Vorhersagen bzgl. der Luft- und Klimadaten für die nächsten zwei Tage. Die Prognosen errechnen sich aus aktuellen Messdaten und sehr vielen zusätzlichen Daten aus der Historie. Mit diesem Daten-Mix werden neuronale Netze trainiert. Sie lernen, welche Zusammenhänge es in den vergangenen ein bis zwei Jahren gab. Verknüpft mit aktuellen Messdaten, wie Wetter-, Verkehrs-, Struktur- und vielen anderen Daten, berechnet das System, wie sich die Luftbeschaffenheit weiterentwickelt. Übrigens ist die Prognose für zwei Tage schon sehr genau. Das weiß man, weil man Echtzeitdaten und Prognosedaten aus der Vergangenheit miteinander verglichen hat.

An der Messstation in Aachen Burscheid werden relativ geringe PM10-Werte in Form der hellblauen Linie (am Ende des Diagramms) prognostiziert.

Mit dem Dienst „Simulation“ soll die langfristige Wirkung verschiedener Bebauungsszenarien auf die Umwelt einer Region ermittelt werden. An diesem Dienst arbeitet das Projektteam noch intensiv. Er soll bis zum Ende des Projekts, am 31. Dezember 2021, realisiert sein.

Konkret trifft der Anwender auf dem Dashboard des Demonstrators auf drei Kacheln. Sie führen zum Datenangebot mit der Übersicht über alle Daten-Visualisierungen und Demonstratoranwendungen, zum Stations Viewer mit Karten und Details zu den Messstationen und zu den bisher noch nicht implementierten Tutorials zur Nutzung der SAUBER-Daten.

Der Demonstrator umfasst mehrere Use Cases.. In den Pilotregionen NRW und Stuttgart werden die Messstationen für die Schadstoffe NO, NO2, O3 und PM10 (für NRW) und NO2 (für Stuttgart) visualisiert. Wir sehen dort Zeitreihen mit Werten im Stundentakt. Sowohl die Schadstoffausstoßung der Vergangenheit als auch Prognosen für die nächsten beiden Tage sind dargestellt. Ähnlich ist es bei den Use Cases zur flächenhaften Visualisierung auf sogenannten Heatmaps. Eine Heatmap ist eine Technik zur Datenvisualisierung, bei der das Ausmaß eines Phänomens in zwei Dimensionen farblich dargestellt wird.

Ein Rechteck wird über die Karte gelegt. Es zeigt mit den Farbnuancen den Grad der Luftverschmutzung über einem bestimmten Landstrich in NRW.

Grünfläche statt Hochhaus

Die Daten der SAUBER-Plattform kann man über standardisierte Schnittstellen abrufen und in eigenen Programmen weiterverarbeiten. Das kommt den Mitarbeitern in kommunalen Behörden zugute, die selbst mit sehr umfangreichen IT-Programmen arbeiten. Übrigens ist nicht geplant, dass die breite Öffentlichkeit Zugriff haben wird. Der Erklärungsbedarf wäre für den Laien bei zu geringem Informationsgewinn zu hoch.

Noch drei Monate arbeitet das Konsortium an der Plattform. Neben der Weiterentwicklung des User Interface Designs gehört der Simulations-Dienst zu den umfangreichsten Hausaufgaben.  Simulation könnte spannend werden. Denn stellen wir uns vor, dort, wo die Luftverschmutzung besonders hoch ist, würde man die Einrichtung von Grünflächen durch veränderte Strukturdaten in den neuronalen Netzen simulieren. Welchen Einfluss hätte das wohl auf die Schadstoffkonzentration? SAUBER verspricht uns Antworten.

Luftschadstoffe

Ozon (O3)

Ozon ist ein starkes und giftiges Oxidationsmittel, das bei Menschen und Tieren zu Reizungen der Atemwege und der Augen sowie Begünstigung von Atemwegserkrankungen führen kann. In der Troposphäre ist Ozon der drittwirksamste Treiber der globalen Erwärmung (nach Kohlendioxid und Methan). Die Ozonschicht in der Stratosphäre schützt die Lebewesen auf der Erde vor Schädigungen durch energiereiche mutagene ultraviolette Strahlung der Sonne.

Feinstaub (PM2.5)

Diese mikroskopischen Partikel mit einer Größe von bis zu 2,5 Mikrometer schweben in der Luft. Zu dieser Kategorie gehören Rauch, Bakterien und Allergene. Feinstaub PM10 Diese größeren mikroskopischen Partikel mit einer Größe von bis zu 10 Mikrometer schweben in der Luft. Zu dieser Kategorie zählen Staub, Schimmel und Pollen.

Stickstoffoxide (NO und NO2)

Sie entstehen als Produkte unerwünschter Nebenreaktionen bei Verbrennungsprozessen. Die Hauptquellen von Stickstoffoxiden sind Verbrennungsmotoren und Feuerungsanlagen für Kohle, Öl, Gas, Holz und Abfälle. In Ballungsgebieten ist der Straßenverkehr die bedeutendste NOx-Quelle.

Partner von SAUBER

• geomer Gmbh

• meggsimum

• Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

• Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut

• Institut für Informationssysteme der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hof

• Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung

• Software AG

 

Assoziierte Partner

• Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

• Amt für Umweltschutz der Landeshauptstadt Stuttgart

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