Interview mit Boubacar Traoré von Capgemini: Was uns das Smart Home über IoT lehrt

Interview mit Boubacar Traoré von Capgemini: Was uns das Smart Home über IoT lehrt

Im Mai machte die IoT Innovation Tour 2018 in Stuttgart, München und Hamburg Station – im September folgen Düsseldorf, Wien und Zürich. IoT-Experten und Anwender aus Industrie, Logistik und Handel stellen das nötige Rüstzeug für die Umsetzung von IoT-Projekten vor. Im Interview erklärt Boubacar Traoré, Transformation Director bei Capgemini und Referent bei der Innovation Tour, welche Parallelen zwischen dem Smart Home und IoT-Projekten gezogen werden können.

Herr Traoré, wie kommt man zu tragfähigen Use Cases im Bereich IoT?

Eine spannende Ideenquelle für IoT Use Cases ist das private Umfeld. Was im privaten Bereich gut funktioniert und akzeptiert wird, drängt irgendwann auch in die Geschäftswelt. Im Wesentlichen geht es hierbei um die sogenannte Consumerization: Technologien und Ansätze, die sich zunächst im Endkundenmarkt etablieren, halten im Anschluss Einzug im Geschäftsleben. Man zieht Parallelen von Alltagsgegenständen, die mithilfe der Digitalisierung so erweitert werden, dass neue Funktionen und dadurch ein ganz neuer Nutzen entstehen. Eine Waschmaschine lässt sich zum Beispiel mit der Hintergrundbeleuchtung des Fernsehers verbinden, um dem Nutzer anzuzeigen wann die Wäsche fertig ist. Die Beleuchtung wird zu einer Statusanzeige für Haushaltsgeräte. Es entsteht ein neues Zusammenspiel von Gerätefunktionen.

Was kann man aus dem Beispiel mit der Waschmaschine im Allgemeinen über IoT-Projekte lernen?

Viele technische Funktionen und Einstellungen sind immer noch in Hardware gegossen. Bei der Waschmaschine zum Beispiel die Einstellungen zum Waschprogramm. Man kann das als hartkodierte Variablen bezeichnen. Die Parameter werden jetzt auf die Softwareebene verlagert. Dadurch bieten sich neue Möglichkeiten, Maschinen funktional nachzurüsten und gleichzeitig die Innovationsgeschwindigkeit zu steigern. Gerätefunktionen, die technisch nichts miteinander zu tun haben, lassen sich dann kombinieren. Das wiederum eröffnet neue Möglichkeiten für die Nutzung der Geräte. Die Verlagerung von Funktionen auf die Softwareebene verwischt Grenzen zwischen fachlichen Domänen. Wo hört das Smart Home auf und wo fängt Retail an, wenn die Waschmaschine Sie beim Einkauf an Waschmittel erinnert? Neue Geschäftsmodelle werden möglich.

Wie entsteht bei IoT-Projekten Wertschöpfung?

Das Ziel ist natürlich, die Daten für neue Geschäftsmodelle zu nutzen. Dazu muss aber zum einen die erforderliche IoT-Infrastruktur vorhanden sein und zum anderen muss das Modell vom Markt akzeptiert werden. Das lässt sich erreichen, indem Unternehmen die Wertschöpfung in drei Stufen ausbauen. Als erstes muss der Nutzer bereits aus dem einzelnen digitalisierten Gerät für sich einen Mehrwert ziehen, damit er die IoT-Variante akzeptiert. Ein Unternehmen kann hierfür optimierte Wartung, erhöhte Sicherheit, oder auch Flexibilisierung, was die Funktion oder den Komfort angeht, bieten. Wenn sich der Einsatz des einzelnen Gerätes etabliert hat, gelangt man zur zweiten Stufe: Der Wert für Anwender wird gesteigert, indem ein interagierendes Ökosystem von vernetzten Dingen ermöglicht wird. Dabei geht es nicht nur um eine weitere Reduzierung von Komplexität in der Anwendung – es entstehen auch neue Synergien zwischen Gerätefunktionen und Netzwerkeffekte. Ein Unternehmen kann dies nutzen, um eigene Produkte besser zu positionieren. Die Einsichten aus der Nutzung dieses Ökosystems vernetzter Dinge bildet schließlich die Grundlage für den dritten Schritt: es lassen sich neue Wertschöpfungsabläufe aufbauen und ganz neue Einkommensströme generieren.

Wo liegen die größten Schwierigkeiten bei IoT-Projekten?

Noch viel stärker als bei zentralen IT-Lösungen stolpert man über Aspekte, die sich kaum in einem Versuchsumfeld einfangen lassen. Es ist wichtig, eine IoT-Lösung über einen vernünftigen Zeitraum unter realen Bedingungen zu testen. Dass ein Projekt „fertig“ ist, heißt nicht, dass die Lösung auch wirklich in den realen Einsatzumgebungen einwandfrei funktioniert. Eine weitere Herausforderung besteht darin, den Puls der Verwendung der Geräte zu beobachten und hinreichend schnell darauf zu reagieren, indem die Lösung kontinuierlich weiterentwickelt wird. Letztendlich ist natürlich auch eine saubere Projektsteuerung – selbst in einem kreativen Umfeld – notwendig, um Innovationen wirklich marktreif zu bekommen und eine stabile Anwendung zu ermöglichen.

Welche Rolle spielen in so einem Zusammenhang IoT-Plattformen wie Cumulocity IoT?

Spätestens wenn man vom Einzelgerät auf mehrere Geräte wechselt oder eine Lösung entwickelt, die nicht nur im persönlichen Umfeld greift, benötigt man skalierbare Infrastrukturen. Am Anfang des IoT-Hypes, als es noch wenige Lösungen auf dem Markt gab, mag es für Unternehmen sinnvoll gewesen sein, sich selbst eine Plattform zu bauen. Mittlerweile können sie aber aus einer Vielzahl an Anbietern wählen, weshalb es keinen Sinn macht, das Rad immer wieder neu zu erfinden. Die Software AG hat mit ihrer Plattform eine Grundlage, die sehr viele der Best Practices bei sich integriert hat und den Unternehmen hilft, diese schnell umzusetzen.

Welchen Rat würden Sie Unternehmen mit auf den Weg geben?

Ideen im Bereich IoT sollten schnell am Markt erprobt werden, um festzustellen, ob sie überhaupt angenommen werden. Eine brillante Idee, die der Markt nicht akzeptiert oder die zum falschen Zeitpunkt kommt, wird nicht wirtschaftlich tragfähig – auch wenn die Lösung technisch funktioniert. Unternehmen sollten ihr Gehör dicht an dem haben, was der Kunde will und was ihn interessiert. Gleichzeitig müssen sie in der Lage sein, ihre Erkenntnisse schnell in verbesserte Lösungen umzusetzen. Neben der Weiterentwicklung von Lösungen sollten Unternehmen außerdem in Kundenbetreuung investieren, um ein Gesamtpaket zu bieten, das so wertvoll ist, dass der Markt bereit ist dafür zu bezahlen.

Treffen Sie weitere Sprecher unserer IoT Innovation Tour live in Düsseldorf, Wien und Zürich. Informationen zu der Partnerschaft von Capgemini und der Software AG erhalten Sie hier.

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Abheben mit dem Industrial Internet of Things

Abheben mit dem Industrial Internet of Things

Die Produktion optimieren, Kosten sparen, die Customer Experience verbessern oder neue Geschäftsmodelle entwickeln: Das Potenzial von IoT für die Industrie ist immens. Wer die neuen Chancen nutzen möchte, braucht nicht aufwändig zu programmieren. Mithilfe einer guten IoT-Plattform können Unternehmen schnell und einfach Projekte umsetzen – und sich in neue Dimensionen aufschwingen.

Das Industrial Internet of Things (IIoT) ist das Internet der Dinge für den industriellen Bereich. Während man im „normalen“ IoT meist Anwendungsfälle aus anderen Kundensegmenten zusammenfasst, etwa Smart City oder Smart Home, geht es beim IIoT um die Vernetzung von Objekten oder Arbeitsmitteln im Unternehmen. Das ermöglicht es, automatisiert verschiedene Prozesse zu analysieren, zu überwachen und zu optimieren. Dafür werden Produktionsmaschinen und Geräte mit Sensoren ausgestattet, die Daten sammeln und zur Auswertung bereitstellen. Über eine Cloud-Plattform lassen sich dann sämtliche Daten und Abläufe visualisieren und automatisierte Maßnahmen definieren.

Gute Aussichten für den IIoT-Markt

IIoT birgt großes Potenzial für die deutsche Wirtschaft. Nicht umsonst wird es auch Industrie 4.0 genannt: die vierte industrielle Revolution. Unternehmen können damit zum Beispiel ihre Prozesse optimieren und so erhebliche Kosten sparen. Durch die vernetzte Produktion sind sie zudem in der Lage, individuelle Produkte in Losgröße 1 kostengünstig herzustellen oder die Lieferketten zu verbessern. Das steigert die Customer Experience. Nicht zuletzt bietet IIoT die Chance, völlig neue „As a Service“-Geschäftsmodelle  zu entwickeln. Ein Beispiel dafür ist das Industrie-4.0-Joint-Venture ADAMOS, bei dem sich führende Maschinenbauer und die Software AG zusammengeschlossen haben. Hier wird sich künftig noch viel tun. Laut einer aktuellen Studie des Verbands der Internetwirtschaft e.V. und Arthur D. Little wird sich der deutsche IIoT-Markt in den nächsten fünf Jahren mehr als verdoppeln auf zirka 16,8 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2022. Im internationalen Vergleich zählt Deutschland mit seiner breiten und innovativen Industriestruktur und der hohen Roboterdichte zu den größten Industrie-4.0-Märkten der Welt.

Klassische Anwendungsfälle

Zahlreiche Unternehmen können vom IIoT profitieren. Die Vorreiter sind jedoch der Anlagen- und Maschinenbau und die Automobilindustrie. Daher müssen die Sensoren die extremen Bedingungen in einem Produktionsumfeld aushalten, etwa große Hitze oder Staub. Ein typischer Use Case für IIoT ist das Condition Monitoring, also die Überwachung eines vernetzten Geräts, um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten. Einen Schritt weiter geht Predictive Maintenance, die vorausschauende Wartung. Sie ermöglicht es, anhand von Daten vorherzusagen, wann zum Beispiel ein Maschinenteil ausgetauscht werden muss, bevor es überhaupt zu einer Störung kommt. Indem man Fehler im Betrieb und Materialschäden vermeidet, kann man erhebliche Kosten sparen. Außerdem lassen sich Investitionen für Reparaturen oder den Neukauf einer Maschine präzise vorausplanen.

Ein IIoT-Projekt umsetzen: Geschwindigkeit zählt!

Ganz wichtig ist: Unternehmen sollten ein erstes IIoT-Projekt möglichst schnell umsetzen. Denn wenn es sechs Monate oder länger dauert, bis Ergebnisse zu sehen sind, haben sich die Rahmen- oder Marktbedingungen vielleicht schon längst wieder geändert. Man muss nicht gleich die eierlegende Wollmilchsau entwickeln. Lieber klein starten und ein Projekt dann nach und nach ausbauen. Die Wahl der richtigen IIoT-Plattform ist essenziell. Sie muss skalierbar sein und sich einfach in die bestehende Infrastruktur integrieren lassen. Dafür muss sie entsprechende Schnittstellen bieten. Wenn sich im Verlauf eines Projekts zeigt, dass nicht alle erforderlichen Dienste über offene Schnittstellen angebunden werden können, drohen hohe Folgekosten.

Als Best Practices haben sich die schnelle Durchführung eines Proof of Concepts und die Entwicklung eines Minimum-Prototypen bewährt. Wichtig ist zudem, ein erweiterbares Data-Sharing-Konzept zu etablieren. Auch Datenschutz und Security müssen Unternehmen bei IIoT-Projekten von Anfang an auf allen Ebenen berücksichtigen. Bei der Infrastruktur empfiehlt es sich, auf die Sicherheit eines Tier-4-Rechenzentrums zurückzugreifen. Auf Anwendungs- und Geräteebene müssen alle Komponenten und Benutzer nach neuesten Standards authentifiziert und autorisiert werden. Zudem ist auf Verschlüsselung zu achten.

Aktuelle Trends: künstliche Intelligenz und Edge Computing

Künftig werden maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz (KI) in Industrie-4.0-Lösungen eine immer wichtigere Rolle spielen. Sie können Prozesse noch schneller machen und den Automatisierungsgrad erhöhen. Durchsetzen werden sich aber nur solche KI-Anwendungen, die ganz konkrete Probleme für einen spezifischen Anwenderkreis lösen. Ein weiterer wichtiger Technologie-Trend ist das Edge Computing, also die Möglichkeit, Daten schon am Entstehungsort zu analysieren. Gerade wenn große Datenmengen ausgewertet werden müssen oder eine Reaktion in Echtzeit erforderlich ist, wird Edge Computing unverzichtbar. Künftig sind also IIoT-Lösungen gefragt, die Edge- und Cloud-Computing verzahnen. Mit Cumulocity IoT sind Unternehmen bestens für die neuen Trends gerüstet.

Sie interessieren sich für weitere Anwendungsfälle und Beispiele aus der Praxis? Hier weiterlesen.

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