Interview mit Axel Simon von Aruba: neue Einblicke dank Location Analytics

Interview mit Axel Simon von Aruba: neue Einblicke dank Location Analytics

Am 12. September findet in Bonn die Innovation Tour 2017 der Software AG statt. Axel Simon, Chief Technologist bei Aruba, einem Hewlett Packard Enterprise-Unternehmen, stellt bereits vorab den Showcase der gemeinsamen Location Analytics-Lösung von Aruba und der Software AG vor. Im Interview erklärt der Tec-Experte, wo die Co-Innovation zum Einsatz kommt, welche Vorteile sie Branchen wie dem Einzelhandel bietet und warum Unternehmen mithilfe der Lösung ihre Kundenbeziehungen zielgerichtet verbessern können.

Herr Simon, was können wir uns unter Location Analytics vorstellen?

Bei Location Analytics handelt es sich um eine Technologie, die dem Nutzer sowohl indoor als auch outdoor zur Verfügung steht. Üblicherweise können Lokationsdaten nur draußen über Satellit erfasst werden. Mit Location Analytics ist dies nun auch in Gebäuden über ein WLAN-Netz möglich. Die Daten werden analysiert und mithilfe von Dashboards visualisiert. Unternehmen können das Verhalten ihrer Kunden anhand von WLAN-basierten Standortanalysen verstehen und vielfältig nutzen. Gebäudebetreiber etwa können neben der Verweildauer von Besuchern auch deren typischen Weg im Gebäude nachvollziehen sowie frequentierte Zonen in Echtzeit identifizieren.

Wie sieht die Durchdringung von Location Analytics am Markt aus – gibt es bereits konkrete Einsatzszenarien?

Derzeit rüsten sich die Einzelhändler sehr stark mit digitalen Infrastrukturen aus. Der nächste Schritt ist, auf solche Infrastrukturen Analytics-Plattformen aufzusetzen. Das Thema ist am Markt momentan noch sehr jung, auch wenn es technologisch schon ausgereift ist.

Das heißt, die Lösung ist einsatzbereit, aber Unternehmer brauchen gerade am Anfang Erfahrungswerte, um den wirklichen Mehrwert abzuschätzen?

Genau. Sowohl die Analytics-Möglichkeiten der Software AG als auch unsere Plattform, die die Daten dafür zur Verfügung stellt, sind extrem ausgereift. Die Lösung gibt es schon seit einiger Zeit, aber wir haben uns entschieden, unser gemeinsames Offering zum jetzigen Zeitpunkt auf den Markt zu bringen. Denn gerade jetzt suchen Unternehmen und Organisationen den Einstieg in die Location Analytics-Welt.

Welche Branchen profitieren Ihrer Erfahrung nach von Location Analytics?

Der Einzelhandel beschäftigt sich schon seit mehreren Jahren mit dem Thema. Er kann mithilfe von solchen Datenanalysen zum Beispiel Verkaufsflächen zielgerichtet gestalten oder Marketing-Kampagnen besser bewerten. Für Facility-Betreiber ist es relevant zu wissen, wie ihre Immobilie genutzt wird. Location Analytics gibt Auskunft darüber, wie groß die Verweildauer der Menschen in den einzelnen Bereichen ist und ob es Ballungen in bestimmten Abteilungen gibt. Dementsprechend kann der Facility-Betreiber sein Gebäude gemäß den neuen Informationen strukturieren. Weitere relevante Anwendungsfelder sind Bürogebäude, Krankenhäuser und Schulen oder große öffentliche Flächen wie Veranstaltungsorte oder Verkehrsknotenpunkte.

Das klingt spannend. Können Sie das noch ein bisschen genauer ausführen?

Bei Veranstaltungen kommt primär die Besucherstromanalyse zum Einsatz. Sie liefert Informationen zur Auslastung und Sicherheit. In Unternehmen lässt sich anhand der Lösung feststellen, ob buchbare Bereiche wie Meeting-Räume tatsächlich belegt sind oder ob sie freigegeben werden können. Dadurch können Unternehmen die Effizienz ihrer Gebäudeauslastung verbessern. In Krankenhäusern funktioniert das übrigens genauso. Dort wäre vor allem das Thema Asset Tracking interessant: Medizinische Geräte wie Diagnosegeräte oder Pumpen können mit einem Asset Tag versehen und dann auf dem digitalen Grundriss verortet werden. Außerdem gibt es Apps für Patienten, die wie ein digitaler Wegweiser funktionieren und ihnen die Orientierung im meist sehr großen Gebäude erleichtern.

Kommt Location Analytics bei Aruba selbst auch zum Einsatz?

Ja, wir selber stellen die Services der Location Analytics-Lösung unseren Mitarbeitern über Gebäude-Apps in unseren Standorten zur Verfügung. Unser neues Headquarter in Santa Clara, Kalifornien, ist ein vollständig digitalisiertes Gebäude, dessen Flächen man anhand der Lösung auf einer digitalen Karte sehen kann. Das gilt sowohl für den Bürobereich als auch für den gesamten Campus. So finden Mitarbeiter, die eine Indoor-Navigation nutzen, Besprechungsräume oder auch Kollegen schneller. Das steigert die Mitarbeiterproduktivität. Darüber hinaus können wir feststellen, wie sinnvoll manche Überlegungen sind, und dementsprechend  unternehmensinterne Prozesse und Abläufe optimieren.

Wie sieht das gemeinsame Angebot von Aruba und der Software AG konkret aus?

Wir sind als Unternehmen beide in den Zielmärkten aktiv und bündeln unsere Aktivitäten, um eine gemeinsame Lösung zu positionieren. Wir haben einen gemeinschaftlichen Ansatz, denn wir brauchen einander: Eine Analytics-Plattform braucht Daten zum Rechnen, und derjenige, der die Daten liefert, braucht umgekehrt die Analytics-Plattform, um sie zu interpretieren. Genau da treffen wir uns. Die Aruba Analytics und Location Engine liefert aggregierte, anonymisierte Standortdaten aus dem WLAN-Netzwerk. Die Daten werden mit Analytics-Lösungen der Software AG analysiert und in Form von Dashboards visualisiert. Durch diesen gemeinsamen Ansatz können wir Kunden noch zielgerichteter dabei unterstützen, ihr Kerngeschäft zu verbessern.

Was können wir uns unter dem Location Analytics-Showcase auf der Innovation Tour in Bonn vorstellen?

Mit unserem Showcase nutzen wir die Fläche der Veranstaltung vor Ort als lebendige Demonstration. Das gesamte Areal wird mit einem Location-Wireless-Netzwerk ausgestattet. Über diese Infrastruktur stellen wir das Besucher-WLAN zur Verfügung. Wenn sich Besucher in dieses WLAN einbuchen, wird ihr Standort erfasst. Die Daten werden aggregiert, an die Analytics-Plattform übergeben und dort visualisiert, sodass man auf dem Grundriss die Besucherströme analysieren kann – anonymisiert, selbstverständlich. Dadurch wird die Anzahl der Besucher, deren Verweildauer in bestimmten Zonen und ihre Bewegung von Zone zu Zone sichtbar. Die Besucher finden sich quasi selber im Showcase wieder und erleben unmittelbar, was eine Location Analytics-Lösung leisten kann.

Erleben auch Sie das gemeinsame Offering von Aruba und der Software AG live auf der Innovation Tour 2017 der Software AG. Alle Informationen finden Sie auf der Eventseite der Innovation Tour.

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Sprechen Sie mit Ihrer Software?

Sprechen Sie mit Ihrer Software?

Die Menge an produzierten Daten in Unternehmen ist heutzutage so hoch wie nie zuvor. Doch firmeninternes Know-how liegt häufig in Wissenssilos vergraben und ist nur schwer zugänglich. Modernes Wissensmanagement sollte jedoch Teil einer jeden Unternehmensstrategie sein, denn es bringt Kosten-, Innovations- und damit Wettbewerbsvorteile. Mithilfe einer neuen Sprachsteuerungsfunktion für die Produkte der Software AG werden die Bedienung von Anwendungen und das Abrufen von Informationen nun schneller, einfacher und barrierefrei.

Ob am Smartphone oder im Smart Home, auf Zuruf informieren Sprachassistenten über das Wetter, suchen die passende Bahnverbindung heraus oder lesen Nachrichten vor. Eine repräsentative Studie des Digitalverbandes Bitkom kommt zu dem Ergebnis, dass fast 40 Prozent der Deutschen einen Sprachassistenten nutzen würden, um damit Geräte im Haushalt zu steuern. Den Consumer-Markt hat die interaktive Kommunikation mit Endgeräten längst erobert – doch welchen Nutzen kann die Business-Welt aus dieser Technologie ziehen? Wie einst Plattformmodelle von Uber und AirBnB als Vorlage für Unternehmen dienten, ihre Kundenansprache zu revolutionieren, erkennen Unternehmen zunehmend die Vorteile digitaler Sprachsteuerung: allen voran Komfort, Geschwindigkeit und Effizienz.

Effektives Wissensmanagement dank Sprachsteuerung

Mitarbeiter gewinnen mehr Flexibilität, indem sie Daten von überall – unterwegs am Smartphone oder im Auto– abrufen können, ohne händisch in den firmeneigenen Datenbanken nach den relevanten Informationen suchen zu müssen. Dazu müssen sie nicht einmal wissen, wo die benötigten Daten abliegen. Der Sprachassistent erspart zeitraubende Recherchen und macht die angefragten Informationen für Mitarbeiter sofort verfügbar. Über die mündliche Abfrage können Nutzer die gewünschten Daten auch gleich visuell aufbereitet beziehen – ohne sie mühsam selbst zu sammeln und als Grafik aufzuarbeiten. Das spart Zeit und fördert effizientere Arbeitsprozesse im Unternehmen.

Software AG startet Pilotprojekt mit Alexa

Die Software AG hat eine Sprachsteuerungskomponente für die Business Process Analysis Platform ARIS sowie die Prozessanalyse-Lösung ARIS Process Performance Manager (PPM) entwickelt. Herstellerunabhängig können Kunden je nach Präferenz einen der gängigen Assistenten – Alexa, Siri, Google oder Cortana – auswählen. Dieser ermöglicht eine schnelle Datenabfrage und Steuerung von Fachanwendungen und berücksichtigt dabei die bestehenden Zugangsberechtigungen der firmeneigenen Systeme. Künftig soll die digitale Spracherkennung auf alle Produkte der Digital Business Platform der Software AG erweitert werden.

Einsatzszenarien: Von Einzelhandel bis Smart City

Der Einsatz digitaler Sprachsteuerung ist überall dort denkbar, wo Informationen und Pläne bereitgestellt werden und eine digitale Infrastruktur vorliegt – also in Unternehmen und Organisationen aller Branchen. So können sich Entscheider eines Fertigungsbetriebs, beispielsweise in der Automobilbranche, mittels sprachgesteuerter Abfrage aktuelle Zahlen aus der Produktion schnell und übersichtlich aufbereitet anzeigen lassen. Zulieferer solcher Betriebe könnten sich auf diesem Weg über für sie relevante Ereignisse – etwa Verzögerungen oder einen veränderten Bedarf in der Produktion – informieren und sofort reagieren.

Unternehmen, die im B2C-Bereich tätig sind, können mit dem Einsatz von Siri, Alexa & Co. ihren Service verbessern und so ihre Kundenbeziehung stärken. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen etwa Einzelhändler die Kauferfahrung in ihren Stores so einfach und angenehm wie möglich gestalten. Mit Hilfe von Sprachassistenten könnten Mitarbeiter einer Filiale Informationen für Kunden in Echtzeit abfragen, ohne sich in einem Terminal einzuloggen und die gefragten Informationen nachzuschauen. So lässt sich zum Beispiel schnell klären, in welchem Geschäft das gewünschte Produkt in welcher Farbe und Größe verfügbar ist. Möglich wäre auch, dass sich Kunden an einem sprachgesteuerten Infopoint im Geschäft selbst den Weg zum gewünschten Produkt weisen lassen.

In Smart Citys können anstelle von Informationsschaltern für Touristen Daten über sprachgesteuerte Services in der ganzen Stadt abgerufen werden. Das gleiche gilt für öffentliche Verkehrsknotenpunkte wie zum Beispiel Bahnhöfe: Wenn digitale Assistenten Fahrplan-Auskünfte anbieten, kann besonders zu den Stoßzeiten das Personal an den Schaltern entlastet werden.

Digitale Helfer erobern die Business-Welt

Das unabhängige Marktforschungsunternehmen Gartner sagt voraus, dass die Kommunikation mit virtuellen Assistenten zwischen 2015 bis 2020 um 600 Prozent ansteigen wird. Der Einsatz digitaler Sprachsteuerung wird schon bald keine Zukunftsmusik, sondern Alltag in vielen Unternehmen sein. Wer auf diesem Weg die traditionelle Inselmentalität aufbricht, kann Komplexität reduzieren, die Informationsabfrage erleichtern und so unternehmensweit Prozesse und Arbeitsabläufe optimieren. In dieser Funktionserweiterung von klassischer Business-Software liegt ein großes Potenzial, das es zu heben gilt.

Überzeugen Sie sich im Video selbst davon, welches Potenzial in unserem digitalen Sprachassistenten steckt! 

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Neue Wege im Einzelhandel – zwei Schritte für den Anfang

Neue Wege im Einzelhandel – zwei Schritte für den Anfang

Vor Kurzem haben wir in einem Beitrag auf Ping IT zu smarten Technologien im Einzelhandel bereits berichtet, welche Ziele der Einzelhandel durch Technologie-Investitionen erreichen will: Einblick, Effizienz und intelligente Reaktion. Um diese Ziele zu erreichen, müssen Retail-Unternehmen vier Schritte umsetzen. Die ersten beiden erklären wir hier.

Schritt 1: Konnektivität ­­­

In vielen Unternehmen sind zentrale Kernsysteme der IT nicht ausreichend miteinander verknüpft. Deren Vernetzung ist der erste notwendige Schritt, um Einblicke darüber zu gewinnen, was in diesem Augenblick im Unternehmen und an den Schnittstellen zum Kunden passiert. Intelligent vernetzte Systeme können Erkenntnisse über Zusammenhänge liefern, die nur durch die Kombination von Informationen unterschiedlicher Bereiche und Prozesse möglich sind – zum Beispiel Echtzeit-Informationen über vorhandene Warenbestände. Wenn Kunden den aktuellen Warenbestand eines Händlers online sehen und einen Überblick über das gesamte Angebot erhalten, ist das eine erste und einfache Möglichkeit für Einzelhändler, ein Omnichannel-Vertriebsmodell zu implementieren.

Konnektivität bedeutet dabei nicht nur, Informationen und Einblicke über Vorgänge im Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Sie ist auch die Grundlage für innovative Projekte, etwa im Internet der Dinge. Indem Unternehmen neue Angebote und Services für ihre Kunden schaffen, können sie sich von der Konkurrenz absetzen. Diese neue Wettbewerbsfähigkeit basiert auf dem Einsatz von Technologie sowie dem Zusammenspiel und der Verknüpfung unterschiedlicher Systeme. Der Service, ein Produkt online zu kaufen und dann im Laden abzuholen, ist zwar längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Die Tatsache, dass manchmal mehr als 20 Systeme zusammenarbeiten müssen, damit dieser Service erst möglich wird, zeigt jedoch, wie stark Innovationen vom Abgleich mehrerer unterschiedlicher Systeme abhängen.

 Schritt 2: Prozesse und Systeme aufeinander abstimmen

Die Anzahl unterschiedlicher Prozesse und Systeme in einem typischen Einzelhandelsunternehmen ist heute so groß wie nie zuvor, Tendenz steigend. Gleichzeitig werden die Prozesse, die dem Geschäft zugrunde liegen, immer komplexer. Hinzu kommt, dass heute mehrere unterschiedliche Systeme in diese Prozesse involviert sind.

Durch den Siegeszug der sozialen Medien, dem Omnichannel-Handel und anderen Trends und Entwicklungen gestaltet sich die Customer Journey heute zunehmend komplexer. Deshalb benötigen Einzelhändler nicht nur die bereits genannten Einblicke in aktuelle Geschehen ihres Unternehmens, sondern auch genaue Hintergrundinformationen über das Kundenverhalten. Zudem müssen sie verstehen, wie Systeme auf Geschäftsprozesse und die Customer Journey abgestimmt sind.

Durch die intelligente Abstimmung von Prozessen und Systemen  können Einsparungs- und Automatisierungspotenziale identifiziert werden, was zu einer Effizienzsteigerung im Unternehmen führt. Die Automatisierung und Rationalisierung von Prozessen reduziert Verschwendung, Fehlerquellen und Kosten. Für Einzelhändler gilt es deshalb zunächst festzustellen, wo das höchste Automatisierungs- und Einsparungspotenzial liegt. Hier sollte der Ansatzpunkt für die digitale Transformation sein.

Durch diese ersten beiden Schritte erhalten Einzelhändler wichtige Einblicke in die Abläufe ihres Unternehmens. In einem weiteren Beitrag erklären wir demnächst, wie weitere Schritte die Effizienzsteigerung vorantreiben und intelligente Reaktionen ermöglichen.

Wenn Sie bis dahin mehr über das Angebot der Software AG für den Einzelhandel erfahren möchten, klicken Sie hier.

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Industrie 4.0 – auf die Geschäftsmodelle kommt es an

Industrie 4.0 – auf die Geschäftsmodelle kommt es an

War Industrie 4.0 bis vor Kurzem nur wenigen Eingeweihten ein Begriff, hat sie inzwischen einen regelrechten Hype ausgelöst. Und dies – bei allen überzogenen Erwartungen, die ein Hype naturgemäß mit sich bringt – auch völlig zu Recht. Wie zahlreiche wissenschaftliche Studien eindrucksvoll belegen, birgt Industrie 4.0 enormes Potenzial. 

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und der Digitalverband Bitkom prognostizieren, dass die deutsche Bruttowertschöpfung dank Industrie 4.0 bis 2025 um 78 Milliarden Euro wachsen wird. Dabei soll die Produktivität im Automobil- sowie im Maschinen- und Anlagenbau um 1,5 bzw. 2,2 Prozent im Jahr ansteigen – um nur zwei Vorreiterbranchen zu nennen. Zum Vergleich: 2016 betrug das gesamtwirtschaftliche Produktivitätswachstum in Deutschland nur magere 0,9 Prozent. Nicht verwunderlich daher, dass sich die allermeisten Unternehmen bei Industrie 4.0 derzeit auf die Optimierung ihrer Produktion konzentrieren. So zeigt eine Bitkom-Umfrage, dass sich bei 69 Prozent der befragten Unternehmen die Digitalisierung der Prozesse unter ihren drei wichtigsten Zielen bei Industrie 4.0 befindet. Diese Fokussierung greift jedoch zu kurz: Denn die wirkliche Revolution von Industrie 4.0 findet nicht in der Produktion, sondern bei den Geschäftsmodellen statt.

Product-as-a-Service: mieten statt kaufen

Die Digitalisierung ermöglicht es, physische Produkte mit sogenannten Smart Services anzureichern und damit ihren Einsatz zu optimieren oder ihnen zusätzliche Eigenschaften zu verleihen. Doch damit sind die Möglichkeiten längst nicht erschöpft: Predictive Maintenance oder per Software zuschaltbare Funktionen haben schon längst ihren Platz im Markt gefunden – und diese Trends bahnen völlig neuen Geschäftsmodellen den Weg. Als besonders aussichtsreich erscheint dabei das „Product-as-a-Service“. Anstatt das Produkt, beispielsweise eine Maschine, zu kaufen, wird es vom Anbieter gemietet, wobei typschwerweise ein nutzungsabhängiges Entgelt („pay-as-you-produce“) zu entrichten ist.

Das „Product-as-a-Service“ bietet seinem Nutzer gleich zwei Vorteile: Erstens verringert er durch die eingesparten Investitionen seine Kapitalkosten. So wird nicht nur seine Liquidität geschont, sondern auch die Rentabilität erhöht. Zweitens kann er das wirtschaftliche Risiko des Maschinenbetriebs auslagern. Steht die Maschine still – etwa infolge einer Auftragsflaute oder einer Havarie – entstehen dem Nutzer keine Kosten, da er für die Maschine nur dann bezahlen muss, wenn er sie auch einsetzt. Die wirtschaftlichen Folgen des Maschinenstillstands, und hierin liegt der Unterschied zum klassischen Leasing, hat der Anbieter zu tragen. Dieser hat zugleich einen Anreiz, Maschinenausfälle beim Nutzer aufs Minimum zu reduzieren, beispielsweise mittels Predictive Maintenance.

Servicialisierung der Industrie

Das skizzierte Geschäftsmodell, das es in unzähligen Ausprägungen gibt und stellvertretend für den epochalen Wandel der Digitalisierung steht, bietet aber auch dem Anbieter große Chancen: Er kann sich mit innovativen (Zusatz-)Services vom Wettbewerb abheben und dabei noch enger mit seinen Kunden zusammenzuarbeiten. So kann er beispielsweise den Anwenderunternehmen dank der Analyse ihrer Nutzungsdaten völlig neue, individuell auf sie zugeschnittene Lösungen bereitstellen – und so ganz neue Markt- und Umsatzmöglichkeiten erschließen. Markt- und Umsatzmöglichkeiten, die besonders profitabel sind.

Bereits heute wird im Maschinen- und Anlagenbau mehr Geld mit dem Service einer Maschine verdient als mit ihrer Herstellung. Industrie 4.0 bietet nun die einmalige Gelegenheit, das Servicegeschäft weiterer auszubauen und noch lukrativer zu gestalten. Diese „Servicialisierung“ kann sogar so weit gehen, dass sich die Hersteller von ihrem ursprünglichen Geschäftsmodell lösen. Ein Beispiel hierfür sind unternehmens- und branchenübergreifende Serviceplattformen, wie sie sich etwa im Maschinenbau oder in der Landwirtschaft etabliert haben. Sie werden von klassischen Anbietern der Branche betrieben und stehen auch den Services Dritter offen. Die Plattform wird so zum Nukleus eines ganzen Ökosystems und der Produkthersteller wandelt sich dabei zum Servicemakler. Eine Transformation, die angesichts der Skalierbarkeit digitaler Plattformen höchst einträglich ist.

Potenziale erkennen und nutzen

Bereits dieser kursorische Überblick zeigt, dass die größten Chancen von Industrie 4.0 in den Geschäftsmodellen stecken. Allerdings läuft die deutsche Wirtschaft ernsthaft Gefahr, dieses enorme Potenzial ohne Not brach liegen zu lassen. Denn nach der bereits zitierten Bitkom-Umfrage steht die Digitalisierung von Geschäftsmodellen nur bei 14 Prozent der befragten Unternehmen unter den Top-3-Prioritäten. Damit droht Wertschöpfung sinnlos verschenkt zu werden, das Geschäft machen dann eben andere. Gravierender allerdings: Mit seinem verengten Fokus auf die Produktionsoptimierung droht Deutschland eher früher als später den Anschluss bei Industrie 4.0 zu verlieren – mit schwerwiegenden Folgen. Die internationalen Herausforderer kommen dabei nicht nur aus der klassischen Industrie, sondern auch und vor allem aus der Digitalbranche. Insbesondere die sogenannten Plattformunternehmen fordern mit ihren datenbasierten Geschäftsmodellen die etablierten und vermeintlich unangreifbaren Branchengrößen heraus. Und nur mit einer effizienteren Produktion allein ist ihnen nicht Paroli zu bieten.

Allerdings bedeutet Industrie 4.0 keineswegs, dass jedes Geschäftsmodell zwingend digitalisiert werden muss. Schließlich lässt sich nicht alles sinnvoll digitalisieren und mitunter schlägt analog auch digital. Auch in Zukunft wird es daher ein buntes Neben- und Miteinander unterschiedlichster Geschäftsmodelle geben – selbst innerhalb ein und desselben Unternehmens –, das die verschiedenen Strategien, Nutzenversprechen und nicht zuletzt Kundenwünsche widerspiegelt. Klar ist allerdings, dass Industrie 4.0 die Reflexion des eigenen Geschäftsmodells – wie erfolgreich es auch sein mag – unumgänglich macht, um so dem gefürchteten Innovator´s Dilemma zu entgehen. Dabei gilt es, die Persistenz des Geschäftsmodells kritisch zu hinterfragen, die Potenziale der Digitalisierung zu eruieren und mutig zu handeln. Und zwar selbst dann, wenn das bedeutet, ein etabliertes und erfolgreiches  Geschäftsmodell zu kannibalisieren. Denn die Devise bei Industrie lautet: „Disrupt or Be Disrupted“.

Lesen Sie hier mehr zur Digitalisierung der Fertigungsindustrie.

Erleben Sie die neuesten Innovationen rund um Industrie 4.0 live auf der Innovation Tour 2017 am 12. September in Bonn.

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