von Steffen Lorenz | Aug 10, 2018 | Allgemein
Keine Frage: Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit eines der populärsten Trendthemen. Mit unzähligen Beispielen wird verdeutlicht, welche bahnbrechenden Entwicklungen wir zukünftig zu erwarten haben. Da wird optimistisch über selbstfahrende Autos und Drohnen spekuliert oder es werden Roboter gezeigt, die bald Arbeiten im Warenlager und bei der Altenpflege übernehmen. Und es gibt beunruhigende Szenarien von autonomen Kampfrobotern und der totalen (Video-) Überwachung von Aktivitäten im öffentlichen Raum, die sofort Erinnerungen an den Roman „1984“ hervorrufen.
Auch in der Versicherungsbranche kommt KI bereits zum Einsatz. Die Auswirkungen sind weniger spektakulär, aber nicht minder weitreichend. Schon heute gibt es zahlreiche Beispiele, welche die Richtung vorgeben:
- Im Vertrags- und Bestandsmanagement kann sich der Kunde an einen Chatbot wenden (z.B. Uniqa ServiceBot), um sich über die verfügbaren Versicherungsprodukte zu informieren. Dies geschieht nicht nur, um die Mitarbeiter der Versicherung zu entlasten, sondern auch, um eine spezielle Zielgruppe zu adressieren: Menschen, die sich nicht mehr unbedingt mit anderen Menschen unterhalten wollen, sondern den asynchronen Dialog mit einem Algorithmus vorziehen.
- Im Schadenmanagement werden für proaktive Schadensregulierungen bzw. Sofortregulierungen Algorithmen eingesetzt, um mit weniger Arbeitsaufwand (also Kosten) schneller Entscheidungen treffen zu können. Das Ziel dabei ist es, den Kunden zeitnah auszahlen zu können und an die eigene Versicherung zu binden. Bei Massenregulierungen, etwa nach einem Hagelsturm, können Algorithmen die Bilder der Schäden oder die Scans der beschädigten Karosserien mittlerweile mindestens so gut beurteilen wie Menschen. In jedem Fall können sie es schneller und ermüdungsfrei – bis zu 24 Stunden pro Tag.
- Der Einsatz vernetzter Geräte (Internet of Things) wird mehr und mehr für die Bereitstellung von verhaltensbasierten Policen genutzt. Bei Krankenversicherungen kann das die Kontrolle sein, ob sich ein Patient an den verordneten Therapieplan hält. Fitness-Tracker werden mehr und mehr eingesetzt, um Versicherte zu einem gesünderen Lebensstil zu animieren. In beiden Fällen sind Algorithmen notwendig, um aus der Fülle an Daten relevante Einzelereignisse oder unerwünschte Entwicklungen zu identifizieren und schnellstmöglich darauf zu reagieren.
- Im Bereich der internen IT ist schon heute das Abwehren von Cyberangriffen ohne den Einsatz von Algorithmen kaum noch vorstellbar. Bei geschätzten 600 Millionen Angriffen täglich wird schnell deutlich, dass Menschen alleine hoffnungslos überfordert sind und deshalb der Einsatz von KI unbedingt notwendig ist.
Diese Beispiele stellen nur den Anfang einer Entwicklung dar, die sich in den nächsten Jahren noch beschleunigen wird. Die Konsequenzen davon sind vielfältig:
- Versicherungen werden zukünftig proaktiver entscheiden und handeln als in der Vergangenheit. Der Blick in den Rückspiegel weicht dem Blick durch die Windschutzscheibe.
- Versicherungen werden Produkte viel stärker als heute auf Basis individueller Risiken und Verhaltensweise entwickeln und mit Preisen belegen, die nicht mehr pauschal für ein Jahr gelten, sondern für kürzere Zeiträume und personenbezogene Anforderungen.
- Die Bedürfnisse des Kunden bei der Interaktion mit der Versicherung (Customer Experience) werden noch stärker in den Mittelpunkt treten. Der Kunde wird individuell und ganzheitlich gesehen und bekommt in Echtzeit Rückmeldungen von seiner Versicherung.
Dafür müssen sich Versicherungen umfassend auf die Nutzung von Künstlicher Intelligenz vorbereiten. Dies beinhaltet:
- Organisation: Versicherungen müssen noch mehr internes KI-Know-how entwickeln und bereitstellen. Dem „Data Scientist“ kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Zudem müssen Versicherungen ihre Mitarbeiter von Routinetätigkeiten entlasten, sodass diese zusammen mit Data Scientists an der Umsetzung der KI arbeiten können. Durch diese Freiräume für neue Innovationen können durchaus erste, kleinere KI-Projekte entstehen.
- IT: Versicherungen brauchen leistungsfähige IT-Plattformen, um KI erfolgreich einzusetzen. Das beste Modell eines Data Scientists nützt wenig, wenn es nicht in der Praxis eingesetzt werden kann. Das Modell muss mit echten Stammdaten, Daten des Kunden sowie externen Daten (beispielsweise Wetter-Daten) versorgt werden, um Entscheidungen unterstützen zu können. Es muss sozusagen „die letzte Meile“ überwinden.
- Daten-Governance: Die IT-Plattform muss um eine entsprechende Daten-Governance ergänzt werden, die beschreibt, wo die Daten herkommen (aus dem eigenen Haus oder von extern) und wie und von wem die Daten verwendet werden. Schließlich muss sichergestellt sein, dass Datenqualität und Datenschutz gewährleistet sind. Nur wenn Daten klassifiziert sind, können sie für das Trainieren von Modellen (insbesondere Neuronale Netzwerke) eingesetzt werden.
Versicherungen müssen flexibel sein
Die Auswirkungen von KI auf Versicherungen werden massiv sein. Die aufgezeigten Anwendungsfälle sind nur der Anfang einer Entwicklung, die alle Sparten und alle Produkte der Versicherungen betreffen wird. Heute sind weder das genaue Zielbild noch der optimale Weg dorthin bekannt. Daher gilt es, sich so flexibel wie möglich aufzustellen. So verbaut sich die Versicherung nicht den Weg in eine von Algorithmen dominierte Zukunft.
Mehr über die Digitale Transformation von Versicherungen lesen Sie hier.
von Steffen Lorenz | Jun 19, 2018 | Allgemein
Seit Jahren steht bei deutschen Banken eine zentrale Frage im Vordergrund: Wie können die Kosten gesenkt werden, um zu den führenden internationalen Finanzhäusern aufzuschließen? Der wirkungsvollste Hebel dafür sind die Betriebskosten, da sie diese selbst beeinflussen können. Um diesen zu betätigen, entscheiden sich Banken für günstigeres Personal, die Verlagerung an kosteneffizientere Standorte oder Outsourcing in Near- oder Offshore-Zentren. Dem eigentlichen Kern des Problems – ineffizienten und teilweise manuellen Prozessen – hat man sich noch nicht ausreichend angenähert.
Mit Robotic Process Automation (RPA) hat sich innerhalb weniger Jahre ein Nischenprodukt zu einer validen Alternative für die Automatisierung und Optimierung von Abläufen entwickelt. Nach Schätzungen von Capgemini belaufen sich die Kosten für RPA nur etwa auf ein Drittel der Kosten einer Offshore-Ressource und nur etwa auf ein Fünftel einer Onshore-Ressource. McKinsey schätzt, dass in den nächsten Jahren etwa zehn bis 25 Prozent der Arbeit über alle Bankfunktionen hinweg von Maschinen übernommen wird. Für die Banken hat dies den Vorteil, dass sie Betriebskosten senken können und gleichzeitig den Mitarbeitern wieder mehr Zeit für Tätigkeiten wie beispielsweise Kundenservice und Innovationsprojekte zur Verfügung steht.
Den Anwendungsfeldern von RPA sind (fast) keine Grenzen gesetzt
Doch wo sollen Banken anfangen – bei den Klassikern im Front Office wie der Kontoeröffnung oder dem Kreditantrag? Oder bei Back-Office-Prozessen, etwa bei einem Geldwäsche-Verdachtsfall? Die Antwort lautet: sowohl als auch. Einsatzbereiche für RPA lassen sich in allen Bereichen der Bank finden, angefangen bei Tätigkeiten im Kundenservice (Verarbeitung eingehenden Schriftverkehrs der Kunden, Widersprüche, Wohnortwechsel), über Operations (falsche Kreditraten, nicht gezahlte Kreditkartenabrechnungen, überzogene Konten, Vertragsverlängerungen) und Compliance (Prüfungen bei Kontoauflösungen) bis in die Finanzabteilung (Rechnungseingang, Personalabrechnung, Kontoabgleich) und die IT (Bearbeitung einfacher Tickets wie etwa das Zurücksetzen von Passwörtern).
Roboter – allzeit einsatzbereit
In allen genannten Bereichen lassen sich Beispiele finden, bei denen Mitarbeiter mit verschiedenen Systemen arbeiten und Daten vom einen in das andere System übertragen müssen. Da nicht immer eine automatische Datenschnittstelle zur Verfügung steht, müssen sie sich mit Copy-and-Paste oder MS-Office selber helfen. Dies ist nicht nur eine langsame, sondern auch eine fehleranfällige Methode. RPA spielt immer dann seine Stärken aus, wenn Aufgaben routineartig durchzuführen sind, also mit einfachen Regeln, wenigen Ausnahmen und mittleren bis hohen Volumina. Der große Vorteil ist, dass ein Roboter im Vergleich zum Menschen nicht ermüdet oder unkonzentriert wird und seine Aufgabe ohne Pausen rund um die Uhr erledigen kann.
Um RPA erfolgreich einzusetzen, sollten folgende Aspekte beachtet werden:
- Der Roboter sollte für eine vollumfängliche (end-to-end) Automation von Prozessen eingesetzt werden. Dazu bietet sich der kombinierte Einsatz von RPA und BPMS (Business Process Management System) an, womöglich zusammen mit Künstlicher Intelligenz (KI). Dieser Aspekt wurde bereits von Matthias Rippert in einem vorangegangenen Blog-Beitrag erläutert.
- Der Roboter sollte in der Lage sein, unter Aufsicht („attended“, das heißt vom Benutzer gestartet), ohne Aufsicht („unattended“, also automatisch gestartet) und kombiniert („hybrid“) zu arbeiten. So lässt sich die gesamte Bandbreite an Automatisierungsaufgaben abdecken.
- Der Roboter muss ein breites Spektrum an vorhandenen Systemen bedienen können. Dies beinhaltet Systeme, die auf dem Mainframe, unter Linux/Unix, Windows oder Citrix laufen. Zudem muss ein Roboter in der Lage sein, mit Dokumenten umzugehen, um handschriftlich eingereichte Informationen in Systeme zu übertragen.
Bei der Auswahl eines geeigneten Use Cases und für eine erste Abschätzung des Nutzens von RPA bieten folgende Fragen Orientierung:
- Welcher Anteil der Aufgaben in bestimmten Bereichen ist manuell? Wie häufig werden diese Tätigkeiten durchgeführt? Wie viel Zeit beanspruchen die Aufgaben?
- Wie viele verschiedene Systeme werden von einem Mitarbeiter für die Ausführung der Aufgaben benötigt? Welche Technologien werden dafür verwendet?
- Wie stark behindert die fehlende Integration von Systemen die Produktivität der Mitarbeiter? Wie viele Mitarbeiter sind davon betroffen?
- Welche Vorteile würden entstehen, wenn die Mitarbeiter entlastet würden?
- Welche Nachteile entstehen durch die fehlerhafte Bearbeitung der Aufgaben?
Mit RPA Prozesse optimieren und Betriebskosten senken
Zahlreiche internationale Geldinstitute haben bereits erfolgreiche RPA-Projekte durchgeführt und beweisen, dass hier echte Potenziale für eine Senkung der Betriebskosten liegen. Nun liegt es an den Banken hierzulande, mit eigenen, ganzheitlichen Ansätzen nachzuziehen.
Wenn Sie mehr über das RPA-Angebot der Software AG erfahren möchten, klicken Sie hier.
von Eric Duffaut | Jun 2, 2017 | Allgemein
Immer häufiger berichten die Medien über eine nicht allzu ferne Zukunft, in der selbstlernende Maschinen oder Roboter mit künstlicher Intelligenz (KI) die Menschen als Arbeitskräfte ersetzen. Sind Horrorszenarien à la Hollywood, in denen sie die Menschheit versklaven und letztlich die alleinige Herrschaft über unsere Welt erlangen, nah? Ist es Zeit, Alarm zu schlagen, oder sollen wir uns zurücklehnen und die modernen Technologien genießen? Und wie gestaltet sich die Zukunft im Zeitalter der Industrie 4.0 – machen wir uns mit unseren neuen Technologien gar überflüssig?
Diese Fragen lassen sich nur schwer beantworten. Den eher düsteren Prognosen steht entgegen, dass der Einsatz „smarter“ Technologien am Arbeitsplatz positive Auswirkungen hat.
Vergleichen wir einmal die Industrie 4.0 und ihre Folgen mit denen der Landwirtschaft 1.0 – also den Anfängen von Ackerbau und Viehzucht. Durch die „Erfindung” der Landwirtschaft wurden Jäger und Sammler innerhalb weniger Anbauperioden aus dem Geschäft gedrängt. Und sehr viele andere Beschäftigungsmöglichkeiten gab es damals wohl nicht. Nach einer Phase der Anpassung, die es auch für die Industrie 4.0 geben wird, stellte sich heraus, dass die Menschheit erst durch planmäßige Landwirtschaft in der Lage war, auf anderen Gebieten anspruchsvolle Fähigkeiten zu entwickeln: Die Menschen begannen mit Werkzeugen zu arbeiten, Häuser zu bauen und wurden schließlich Ärzte, Wissenschaftler, Rechtsanwälte und Steuerberater. Was ist gegen einen solchen Fortschritt einzuwenden?
Arbeitswelt im Wandel
Jede industrielle Neuerung bringt zunächst Unsicherheit mit sich. Dann folgt jedoch eine Anpassungsphase, nach der die Gesellschaft die Früchte ernten kann. Computer und Software haben die Arbeitswelt grundlegend verändert: die Art und Weise, wie wir arbeiten, unsere Produktivität sowie letztendlich auch das Wohlergehen unserer Gesellschaft. Künstliche Intelligenz ist nichts anderes als die nächste Entwicklungswelle, vielleicht mit weitreichenderen Folgen. Sie bietet enorme Chancen, neue und nachhaltige Geschäftsmodelle und Produktionsprozesse zu etablieren, die weltweit eine positive Wirkung haben werden.
Durch Industrie 4.0 erhöhen sich die Ansprüche an alle, die auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren. Das lässt sich jedoch als eine durchaus positive Entwicklung deuten. Vielleicht führt sie dazu, dass Millionen eintöniger, schmutziger oder sogar gefährlicher Jobs von Robotern oder Maschinen ausgeführt werden. Dafür werden sie – unter menschlicher Aufsicht – über smarte Software gesteuert.
Sehr wahrscheinlich wird Industrie 4.0 sehr viel disruptiver auf die Arbeitswelt einwirken, als das jemals bisher der Fall war. Wir als Gesellschaft tragen die Verantwortung dafür, dass es nicht zu einer „digitalen Spaltung” kommt, die zum ausgrenzenden Faktor bei der Arbeitssuche wird.
Künstliche Intelligenz macht unser Leben leichter
Unternehmen müssen diese Transformation mit Augenmaß und nachhaltig steuern, dann wird Künstliche Intelligenz für Beschäftigte aller Branchen von großem Nutzen sein. Roboter können zum Beispiel beim Flugzeugbau assistieren – in der Chirurgie tun sie das bereits. Sie sind für gefährliche Arbeiten im Bergbau einsetzbar oder übernehmen in der Buchhaltung monotone Tätigkeiten wie Zahlen zu prüfen und abzugleichen. Der Mensch kann sich indessen auf höherwertige Aufgaben konzentrieren, vorausgesetzt, er wird darauf vorbereitet und (um)geschult.
Fortbildungen werden immer wichtiger, und man wird sich darauf einstellen müssen, ein Leben lang dazuzulernen. Es kursieren jede Menge Ideen darüber, wie diese Maßnahmen finanziert werden sollen. Laut einem besonders kreativen Konzept sollen Roboter-Mitarbeiter Einkommenssteuer bezahlen. Die Einkünfte daraus könnten dann zur Weiterbildung derjenigen eingesetzt werden, die durch die Roboter ersetzt wurden.
Konsum bleibt menschlich
Ich bin überzeugt, dass es unmöglich ist, die menschliche Arbeitskraft zu 100 Prozent zu ersetzen. In den düsteren Zukunftsszenarien, die voraussagen, dass wir von Maschinen verdrängt werden, ist mir kein einziger Roboter begegnet, der den Menschen als Konsumenten ersetzt hätte. Oder können Sie sich einen Roboter vorstellen, der Blumen für einen anderen Roboter kauft und mit ihm für ein romantisches Wochenende verreist? Ein Roboter, der zum Wandern in die Berge fährt, der sich eine Weinreise nach Bordeaux gönnt und abends mal Cocktails trinken geht?
Der Konsum wird uns Menschen vorbehalten bleiben – das ist sicher. Und dafür brauchen wir einen gewissen Wohlstand. Wenn Unternehmen Waren herstellen oder Dienstleistungen anbieten, die sich niemand leisten kann, bedeutet das ihren finanziellen Ruin. Deshalb wird die Automatisierung schlicht dort enden, wo eine weitere Steigerung des Automatisierungsgrads nicht mehr wirtschaftlich ist. Wann ist dieser Punkt erreicht? Die bereits erwähnte Anpassungsphase wird erste Erkenntnisse bringen. Für uns ist sie zudem ein Prozess, in dem wir uns auf immer neue und weiterentwickelte technologische Innovationen einstellen müssen.
Von den Annehmlichkeiten durch Automatisierung und Künstliche Intelligenz sollten so viele Menschen wie möglich profitieren – und es ist an uns, für eine gerechte Verteilung zu sorgen. Deshalb müssen wir jetzt damit beginnen, über die Auswirkungen der Transformation hin zu Industrie 4.0 zu diskutieren.
Erfahren Sie mehr über die Innovationen der Software AG im Bereich Künstliche Intelligenz, die wir mit Zementis, einem US-Spezialisten für KI, verwirklichen.