Interview mit Andreas Geiss von Siemens, Teil 2: IoT ist wichtig – und vor allem einfach!

Interview mit Andreas Geiss von Siemens, Teil 2: IoT ist wichtig – und vor allem einfach!

Andreas Geiss ist CTO und VP Strategy bei Siemens. Auf der IoT Innovation Tour 2018 plädierte er in seinem Vortrag mit dem Titel „IoT – start implementing now!“ für mehr Mut bei IoT-Projekten. Denn Unternehmen, die den Anschluss an ihre Partner und Wettbewerber verlieren, haben in Zukunft schlechte Überlebenschancen. Wir haben uns mit Herrn Geiss über IoT-Innovationen für die Industrie aus dem Hause Siemens unterhalten und erfahren, warum der Einstieg ins IoT eigentlich ganz einfach ist.

Herr Geiss, im ersten Teil unseres Interviews haben Sie festgestellt, dass viele Unternehmen mit dem Einstieg ins Internet of Things zögern. Das zu ändern scheint Ihnen persönlich ein großes Anliegen zu sein.

Absolut – das ist übrigens eine Einstellung, die mich mit Werner Rieche von der Software AG verbindet: Wir möchten unsere Kunden persönlich begeistern und dazu bewegen, jetzt mit den Implementierungen zu starten. Auch wenn es Überwindung kostet, Neuland zu betreten, muss sich niemand sorgen, dass er auf dem Weg der Digitalisierung seines Geschäfts auf der Strecke bleibt oder alleingelassen wird. Denn IT-Expertise lässt sich ganz unkompliziert einkaufen. Es geht vielmehr darum, sich mental darauf vorzubereiten und eine Entscheidung zu treffen: „Ja, das ist die Zukunft, dieser möchten wir uns stellen und weiterhin ganz vorn mitspielen.“

Wir rechnen fest damit, dass in den nächsten Monaten auf dem IoT-Markt ein Schneeball-Effekt einsetzen wird. Wenn beispielsweise unsere großen Automobilhersteller voranschreiten, werden sich alle anderen Unternehmen der Branche fragen: Was bedeutet das für mich, wenn ich diesen Weg nicht mitgehe? Die Frage lässt sich aus unserer Sicht leicht beantworten: Sie werden sich von neuem Kundennutzen oder Produktivitätssteigerungen, die es ohne IoT nicht gab, oder auch von neuen Geschäftsmodellen abschneiden und im schlimmsten Fall durch disruptive Anbieter aus dem Markt katapultiert werden. Denn dieser Markt kommt in Bewegung, das merken wir auch sehr deutlich an dem Wachstum unseres Ökosystems: Derzeit haben wir über 160 Value-Add-Partner für MindSphere – diese Zahl hat sich in den wenigen Monaten seit der Hannover Messe mehr als verdreifacht.

Wie sind Sie diese Notwendigkeit, sich zu verändern, im eigenen Haus angegangen?

Wir machen uns stetig Gedanken darüber, wo neue Geschäftsfelder liegen und wie wir uns darauf vorbereiten müssen, damit nicht ein anderes Unternehmen unsere Marktführerschaft verdrängt. Ich kann Ihnen ein ganz konkretes Beispiel dazu nennen: Wer in der Vergangenheit eine Turbine zur Energieerzeugung brauchte, hat ganz klassisch die Maschine bei uns gekauft. Heute können Unternehmen auch nur den Gebrauch der Maschine bezahlen und der Preis bemisst sich danach, wie lange die Turbine läuft, wie viel Megawatt sie erzeugt und wie oft sie gewartet werden muss. Das ist im Grunde genommen ein komplett neues Geschäftsmodell für den Vertrieb von Turbinen. Es liegt in unserer Verantwortung, den Kunden dabei den größtmöglichen Mehrwert zu bieten und die gesetzten KPIs zu erfüllen. Das bedeutet, wir haben Konzepte entwickelt, um mit Smart Analytics und Algorithmen das Turbinensetting an die Begebenheiten beim Kunden anzupassen. So können wir die Turbine durchgehend im optimalen Bereich betreiben und sorgen mittels vorausschauender Instandhaltung für eine durchgehende Verfügbarkeit und optimierte Wartungszyklen, die dem Kunden je nach Gebrauch der Turbine eine verlängerte Betriebszeit und große Einsparungen ermöglichen. Dieses Prinzip kennen wir übrigens alle aus dem privaten Umfeld: Früher musste das Auto strikt nach 20.000 Kilometern oder nach einem Jahr zum Service. Bei modernen Autos berechnet sich der nächste Inspektionstermin individuell je nach Beanspruchung und Fahrweise.

Welche Botschaft würden Sie Entscheidern gerne mitgeben, die vor dem Schritt ins IoT stehen?

IoT ist wichtig – und IoT ist einfach. Viele denken, das Internet of Things ist ein „Big Bang“, für den man erst einmal Millionen investieren muss, bevor ein Mehrwert deutlich wird. Dabei ist der große Vorteil von IoT, dass sich Systeme sehr schnell und einfach bereitstellen lassen. Dank der Cloud ist Rechenleistung nahezu unlimitiert und schnell skalierbar, und das zu sehr wettbewerbsfähigen Kosten, was niemand mit einem eigenen Datencenter stemmen könnte. Und auch die notwendigen Inhalte wie etwa die Anwendungen und Services, die Siemens oder die Software AG anbieten, sind bereits vorhanden und schnell implementierbar. Die Wegbereiter haben die Vorarbeit bereits geleistet – die Einstiegshürden sind denkbar niedrig und die Zeit, den Sprung zu wagen, ist jetzt.

Lesen Sie hier den ersten Teil des Interviews mit Andreas Geiss.

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Interview mit Andreas Geiss von Siemens, Teil 1: Ran an die Daten!

Interview mit Andreas Geiss von Siemens, Teil 1: Ran an die Daten!

Andreas Geiss ist CTO und VP Strategy bei Siemens. Auf der IoT Innovation Tour 2018 plädiert er in seinem Vortrag mit dem Titel „IoT – start implementing now!“ für mehr Mut bei IoT-Projekten. Denn Unternehmen, die den Anschluss an ihre Partner und Wettbewerber verlieren, haben in Zukunft schlechte Überlebenschancen. Wir haben uns mit Herrn Geiss über IoT-Innovationen für die Industrie aus dem Hause Siemens unterhalten und erfahren, warum der Einstieg ins IoT eigentlich ganz einfach ist.

Herr Geiss, auf der diesjährigen Hannover Messe haben Siemens und die Software AG ihre Kooperation zu MindSphere gemeinsam auf dem Stand von Siemens präsentiert. Wie genau sieht diese Zusammenarbeit aus?

Siemens hat mit MindSphere ein cloudbasiertes, offenes IoT-Betriebssystem entwickelt, das aus drei Schichten besteht: Die Konnektivitätsschicht hilft Kunden, Produkte, Anlagen sowie Web- und Enterprise-Systeme zu verbinden und Daten in der Cloud verfügbar zu machen. Hierfür nutzen wir unter anderem die Technologie der Software AG. Die „Platform as a Service“-Schicht bietet Schnittstellen (APIs), mit denen der Kunde eigene Applikationen und Services über verschiedene Backend-Offerings hinweg cloudagnostisch betreiben kann. Die dritte Schicht beinhaltet Applikationen. Zum einen stellt Siemens viele selbst entwickelte Anwendungen zur Verfügung, zum anderen bringen unsere Partner wie etwa die Software AG ihre IT- und Industrie-Expertise mit eigenen Anwendungen und Services ein. Das heißt also: Wir haben die Technologie der Software AG nativ in unsere Plattform eingebaut, um den Konnektivitäts-Layer zu stärken. Umgekehrt können Kunden der Software AG mit MindSphere den Wert ihrer Daten durch umfangreiche Analysen nutzen und steigern.

Wie wichtig ist der Aspekt Konnektivität für Unternehmen?

Das ist ein ganz entscheidender Faktor, denn Daten sind heute unser wichtigster Rohstoff. Zahlreiche Assets liefern uns Daten und geben dadurch umfassende Einblicke in bestehende operationale Betriebe, Verfahren sowie Anlagen. Damit Unternehmen ihre Daten zur Verarbeitung in die Cloud senden können, ist es jedoch wichtig, dass man die Assets erst einmal verbindet. Die unterschiedlichen Gerätetypen nutzen eine Vielfalt an Protokollen und Kommunikationsstandards. Mit den MindConnect Lösungen, die die Offerings der Software AG enthalten, können wir alles sehr smart einbinden: unterschiedliche Gerätetypen und -protokolle, cloudbasierte oder On-Premises-Systeme, aber auch klassische IT-Systeme wie beispielsweise ERP- und andere Historiensysteme. In der Industrie spielen vor allem prozessbezogene Daten eine wichtige Rolle. Unsere Kunden können die Daten aus allen Quellen reibungslos und mittels vordefinierter Konnektivitätslösungen mit MindSphere verbinden.

Für welche Anwenderunternehmen ist MindSphere besonders geeignet?

MindSphere ist natürlich zuallererst im Siemens-Konzern eine gesetzte Größe. Aufgrund unserer Unternehmenshistorie verfügen wir außerdem über umfassendes Industriewissen und sind in sehr vielen Industriesegmenten als Marktführer etabliert, wo es um Automatisierung, Elektrifizierung oder auch um Engineering- und Softwarelösungen geht. Diese Expertise nutzen wir für den Aufbau von branchenspezifischen Applikationen, um auch die Anforderungen unserer Kunden bestmöglich zu treffen und, wie man so schön sagt, die Sprache unserer Kunden widerzuspiegeln. Nehmen wir einmal das Beispiel Predictive Maintenance: Die Grundstruktur dahinter mag überall ähnlich aussehen, aber es gibt Spezifika, die man je nach Branche berücksichtigen muss – es ist ein Unterschied, ob ein Kunde Predictive Maintenance in einer Automobilfertigung oder im Pharma- und Chemieumfeld betreiben möchte.

Unsere Stärke ist wie gesagt das Industrieumfeld, genauer gesagt, die Ermöglichung des Product Digital Twins. Das ist eine virtuelle Repräsentation eines Produktes oder einer Anlage. Kombiniert mit einem Performance Digital Twin – also einem digitalen Zwilling, der mit Daten aus dem Betrieb des Produktes oder einer Anlage erstellt wurde – erhalten wir Erkenntnisse darüber, wie gut Produkte oder Anlagen in bestimmten Abschnitten des Produktionsprozesses funktionieren. So lassen sich Verbesserungspotenziale definieren, was am Ende des Tages zu einer höheren Verfügbarkeit und einer höheren Zuverlässigkeit führt. Ziel ist es natürlich immer, dass unsere Kunden sowohl ihr Ergebnis als auch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können.

Wie weit ist diese Branche in Sachen Internet of Things?

Wir sehen, dass Unternehmen zögern und es bedarf bei vielen noch einiger Überzeugungsarbeit, dass sie nicht nach dem ersten Proof of Concept (POC) aufhören. An diesem Punkt geben wir verstärkt Hilfestellung und entwerfen ein zielführendes Implementierungskonzept. Dieses kann beispielsweise zunächst auf einen Werkstandort limitiert sein, damit der Kunde den Mehrwert und die Vorteile, die MindSphere als cloudbasiertes IoT-Betriebssystem mit sich bringt, kennen und verstehen lernt.

Sie würden sich gerne persönlich mit Herrn Geiss unterhalten? Kommen Sie zum Stopp der IoT Innovation Tour in Zürich am 26. September. 

Lesen Sie hier den zweiten Teil des Interviews mit Andreas Geiss.

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