von Bärbel Strothmann-Schmitt | Jun 20, 2017 | Allgemein
Von der Logistik lernen heißt, sich erfolgreich zu digitalisieren. Die Branche gehört zu den absoluten Vorreitern, wenn es um optimierte Prozesse und einen effizient steuerbaren Güterstrom vom Hersteller zum Verbraucher geht. Warum der Warenfluss aber auch in die andere Richtung reibungslos ablaufen muss, macht Werner Rieche, Geschäftsführer der Software AG Deutschland, im Gespräch deutlich. Er erklärt, wie Hersteller oder Händler ihre Reparatur- und Retourenlogistik professionalisieren können.
Selbstlernende Algorithmen machen die Logistik effizienter, gleichzeitig senken autonome Fahrzeuge und Drohnen die Transportkosten. So lässt sich eine aktuelle Studie zusammenfassen, in welcher der Branchenverband Bitkom zehn Jahre vorausschaut. Herr Rieche, welche Rückschlüsse ziehen Sie aus der Prognose?
Die Digitalisierung hat die Logistikbranche tiefgreifend verändert, sie hat die Lieferketten revolutioniert – und wird es weiter tun. Das Produkt muss auf dem schnellsten Weg zum Kunden. In einigen Fällen schließt das Trend-Technologien wie beispielsweise Roboter, selbstfahrende Systeme oder 3D-Druck mit ein, wodurch sich Transportwege und Lieferzeiten drastisch verkürzen. Kunden werden ihre Bestellungen noch schneller erhalten. Das sagt jedoch nichts darüber aus, wie die Produkte bei den Empfängern – im übertragenen Wortsinn – ankommen. Kunden schicken bestellte Artikel aus verschiedenen Gründen zurück. Das heißt, die Logistik-Prozesse müssen in beide Richtungen störungsfrei funktionieren – und Unternehmen müssen ihr Augenmerk auch auf die andere Seite der Lieferkette richten.
Worauf sollten sich Industrie und Handel bei den entgegengesetzt wirkenden Lieferketten konzentrieren?
Wir sprechen hier von Reparatur-und Retourprozessen, bei denen Informationen, Waren und Geld reibungslos zurückfließen müssen. Wer Rücksendungen effizient steuern will, benötigt ein Zusammenspiel von schlanken Strukturen und digitalisierten Abläufen. Nur so lassen sich zurückgeschickte Artikel schnell wieder in den Warenkreislauf zurückführen oder in den Service- und Reparaturzyklus eingliedern. Rücksendungen, Rückrufe und Reparaturen stellen jedoch nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance dar.
Inwiefern?
Es ist doch so, dass sich insbesondere Hersteller und Händler von Unterhaltungselektronik, Elektrokleingeräten und Informationstechnologie mit einer Flut an Rücksendungen herumschlagen. Was konkret bei ihnen ankommt, kann niemand genau vorhersagen. Darum bedeutet eine Rücknahme, egal ob vom Kunden, Zwischenhändler oder vom Hersteller veranlasst, immer erheblichen Aufwand. Die Chance besteht nun darin, dass sich eine Kundenbeziehung auch nach dem Kauf verbessern lässt. Denn was will der betroffene Kunde? Er ist zufrieden, wenn ein Unternehmen seine Rücknahme schnell, pragmatisch und kulant behandelt. Das kann ein Hersteller oder ein Händler ihm liefern, wenn er eine digitale Plattform oder eine digitale Anwendung einsetzt.
Was muss eine solche digitale Anwendung für Reparatur- und Retourlogistik erfüllen?
Zunächst geht es darum, dass die Software alle Abwicklungsarten erkennt und zuverlässig den Serviceanteil unter den Retouren identifiziert und validiert. Der nächste Schritt ist die Automatisierung, um unter anderem auch die Fehlerquote zu senken. Das lässt sich am besten erreichen, indem man die manuellen Eingriffe in die Reparatur- und Retourenprozesse so gut wie ausschließt. Erst dann nähern wir uns dem Ziel an, dass alle Vorgänge in der Reparatur-, Retouren- und Garantieabwicklung transparent und schneller ablaufen. Wer es dann noch schafft, die Systeme seiner Lieferanten, Händler und Servicepartner einzubinden, stellt sich digital perfekt auf, um hohe Qualität in kürzester Zeit zu bieten.
Welche Technologien oder Tools braucht es, um die von Ihnen genannten Ziele in der Praxis zu erreichen?
Die erwähnten Kriterien haben wir bei der Software AG für unsere Digital Business Platform natürlich beherzigt. Wir stellen auf dieser über unser webMethods BPMS (Business Process Management System) all die Komponenten bereit, die man zum agilen Entwickeln von Prozessen und Anwendungen braucht. Genau diese Fähigkeiten nach Agilität und Flexibilität sind gefragt. Mit einer Standardlösung, die ein Unternehmen einfach überstülpt, kommt es nicht weit. Vielmehr müssen Entwickler Werkzeuge an die Hand bekommen, damit sie Serviceprozesse und Routinen an die Bedürfnisse ihrer Firma anpassen. Unser interaktives Benutzerportal hilft ihnen zum Beispiel, Prozesse nicht nur zu modellieren, sondern auch zu visualisieren. Dadurch verliert das Ganze an Komplexität, wodurch sich Prozesse schneller ändern lassen. Außerdem befähigt unsere Digital Business Platform zum schnellen Aufsetzen von Dashbords für Monitoring und Analyse, um beispielsweise aktiv Fehlerprävention zu betreiben.
Wie erkennen Sie einen Reparaturfall in der Praxis?
Bei unserer Digital Business Platform tragen BMSP, Portalservice, Datenbanken und umfangreicher Integrationsservice entscheidend dazu bei, die reparaturbedürftigen Geräte zu identifizieren. So gehört zum BMSP ein Most Validation Tool, das alle eingehenden und defekten Geräte referenziert.
Sie haben geschildert, wie eine Firma ihr Reparatur- und Retourenmanagement professionalisieren kann. Wo bleibt bei der Prozessoptimierung eigentlich der Kunde?
Ziel ist es, den Kunden umfassend zu informieren und auf seine Bedürfnisse einzugehen. Bestandteil einer digitalen Lösung muss daher ein ausgefeiltes Rollenmanagement sein. Jede Anwendergruppe, ob nun Fachhandel, Call Center oder Kunde, bekommt ihre Rolle zugewiesen und erhält für sie relevanten Details. Der Kunde sieht die Informationen, die er braucht, auf einen Blick. Wir gehen bei unserem Portalservice noch einen Schritt weiter und bieten Benutzeroberflächen, die sich auf die Beteiligten im Retourprozess zuschneiden lassen. Ein Kunde kann so besser interagieren – und verfolgen, welchen Fehler sein defektes Gerät hat, in welchem Reparaturstatus es sich befindet und welche Schritte noch ausstehen. Indem Unternehmen ihre Logistik-Prozesse transparent und effizient gestalten, können sie ihren Kunden eine zuverlässige und schnelle Bearbeitung bei Retouren und Reparaturfällen bieten und sie so nachhaltig von ihren Serviceleistungen überzeugen.
Vielen Dank, Herr Rieche, für das Gespräch!
Das Interview mit Werner Rieche führte Bärbel Strothmann.
Lesen Sie hier mehr zum Thema Logistik.
von Alexander Lemm | Jun 13, 2017 | Allgemein
Auf der Suche nach „digitalem Gold“ setzen Einzelhändler verstärkt auf Technologien, von denen sie sich zusätzliche Gewinne und effizientere Prozesse versprechen. Sowohl Technologieanbieter als auch Analysten, Berater und die Medien warten mit Ratschlägen auf, wie man dabei am besten vorgeht. Doch es ist nicht immer einfach, aus der Masse an Informationen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Drei Kernziele, die der Einzelhandel durch den Einsatz smarter Technologien erreichen soll, stehen bei Unternehmen und Analysten gleichermaßen im Vordergrund: umfassende Einblicke in Geschäftsprozesse zu gewinnen, die Effizienz zu steigern und Reaktionen zu automatisieren.
1. Einblick: das eigene Unternehmen, den Geschäftsbetrieb, Kunden und Produkte durchgängig verstehen
Laut Weltwirtschaftsforum basiert der künftige Erfolg des Einzelhandels auf Erkenntnissen, die aus Daten gewonnen werden – insbesondere Verbraucherdaten. Diese Daten stammen nicht nur aus unternehmenseigenen Systemen, sondern werden in Zukunft verstärkt von IoT-Sensoren und -Technologien bereitgestellt.
In seinem Bericht zur Zukunft des Einzelhandels kommt das Weltwirtschaftsforum zu dem Schluss, dass die bloße Erfassung von Verbraucherdaten nicht ausreicht, um die Wertschöpfung zu steigern. Vielmehr gilt es, diese Daten sinnvoll einsetzen, um Entscheidungsprozesse evidenzbasiert zu optimieren und sie anschließend skalieren und systematisieren zu können.
Der Einzelhandel muss seinen Kunden über alle Kommunikationskanäle digitalisierte und personalisierte Angebote zur Verfügung stellen, die ihre Anforderungen erfüllen und bestenfalls noch übertreffen. Dazu gehört beispielsweise auch die transparente Darstellung des verfügbaren Bestands.
2. Effizienz: Wirkungsverluste vermeiden und komplexe interne Prozesse automatisieren
67 Prozent der Einzelhandelsunternehmen halten die Effizienz des Geschäftsbetriebs für entscheidend, aber nur 27 Prozent glauben, dass sie hier gut abschneiden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forrester-Studie im Auftrag der Software AG über die Digitalisierungsstrategien verschiedener Branchen.
Die schnelle und effiziente Verarbeitung von Bestellungen und Rücksendungen, Kosteneffizienz, straffe Prozesse – all dies wirkt sich auf den Gewinn aus. Laut einer Barclays-Studie könnte Amazon mit seinem Lieferservice für Lebensmittel schneller aus den roten Zahlen kommen, wenn das Unternehmen seine Effizienz durch Prozessautomatisierung steigern würde. Barclay schätzt, dass Amazon seine Personalkosten signifikant senken könnte, wenn das Fullfilment und die Auslieferung am nächsten Tag automatisiert abliefe.
3. Intelligente Reaktion: automatisch auf unternehmensinterne Vorgänge reagieren
Intelligente Reaktion meint in erster Linie den Einsatz von smarten Technologien wie Predictive Analytics oder künstliche Intelligenz, um auf Ereignisse zu reagieren, die von Kunden oder anderen Faktoren ausgelöst wurden. Entscheidend ist dabei, dass diese Reaktion ohne Verzögerungen abläuft. Die Devise heißt: mithilfe von Software riesige Datenmengen sammeln und analysieren, um dann Reaktionen in Echtzeit zu testen und zu definieren. In der Forrester-Studie geben 63 Prozent der Einzelhändler an, dass Reaktionen in Echtzeit für sie sehr wichtig oder sogar entscheidend sind. Doch nur 25 Prozent der Befragten fühlen sich in der Lage, dies tatsächlich leisten zu können.
Wenn sich im Einzelhandel alles um diese drei Ziele dreht, stellt sich die Frage: Wie kann man sie mithilfe von smarten Technologien erreichen? Wir haben vier Schritte definiert, die Einzelhändler auf dem Weg zum digitalen Unternehmen gehen sollten. Diese werden wir Ihnen in den nächsten Wochen hier bei Ping IT vorstellen.Wenn Sie bis dahin mehr über das Angebot der Software AG für den Einzelhandel erfahren möchten, klicken Sie hier.
von Werner Rieche | Mai 10, 2017 | Allgemein
Die Nachfrage nach verständlich formulierten und bedarfsorientierten Versicherungen wächst – und wird in erster Linie von Insure-Techs bedient. Diese Start-Ups gehören, zusammen mit Produktinnovationen und IT-Systemoptimierung, zu den drei Trends, die in diesem Jahr disruptiv auf die Versicherungsbranche wirken werden.
Junge Kunden verstehen lernen
Die sogenannten Millennials sind die erste Generation von digital Natives. Sie posten in sozialen Netzwerken, kaufen online ein, nutzen Apps und Gadgets. Insurtechs, junge Start-ups in der Versicherungsbranche, schaffen es, diese Aktivitäten in ihrer Datenanalyse einzubinden und daraus maßgeschneiderte Angebote zu machen. So ersparen sie es ihren jungen Kunden, seitenlange Hausratspolicen nach Leistungen für Handys, Smart Watches oder Fahrrädern zu durchforsten. Mit einem schnellen und bedarfsorientierten Angebot treffen Insurtechs den Nerv der Generation Y, weil sie ihre Kunden verstehen. Das ist eine digitale Fähigkeit, die etablierte Versicherungsfirmen erlernen müssen.
Diese Start-ups vereinen Insurance und Technology, indem sie Prozesse digitalisieren – und zwar losgelöst von bestehenden Produkten, Systemen und Strukturen. Sie brechen wie Fintechs, ihre Verwandten aus der Finanzwelt, etablierte Marktmechanismen auf. Dadurch gerät die Versicherungsbranche unter Druck, ihre Prozesse, Systeme und Angebote anzupassen und verbessern zu müssen.
Immer mehr Insurtechs starten durch. Eine Entwicklung, die 2017 nochmal deutlich an Fahrt gewinnen wird. Die Start-ups versuchen sich dabei meist als Makler, die Versicherungsportale oder Plattformen zum Vergleichen anbieten. Eine erste digitale Krankenkasse hat mittlerweile bei der Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) die Zulassung beantragt. Die Geschäftsmodelle überzeugen Investoren. Insurtechs haben 2016 rund 77 Millionen Euro an Kapital eingesammelt. Gegenüber dem Vorjahr floss damit mehr als das Doppelte in den digitalen Versicherungsmarkt in Deutschland, rechnet der digitale Versicherungsmakler Finanzchef24 in einer Studie vor.
Traditionellen Versicherungen droht daher zunehmend, von ihren jüngeren Kunden abgeschnitten zu werden. Wie lässt sich das verhindern? Auf die Start-ups zugehen und mit ihnen gemeinsam attraktive Produkte entwickeln ist ein vielversprechender Weg zum digitalen Erfolg.
Zwei Wege zum individuellen Zuschnitt
Produktinnovationen sollen passgenau auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen. Aktuell zeichnen sich zwei Trends ab: Das Individualisieren traditioneller Produkte und das Entwickeln ganz neuer Versicherungen. In die erste Kategorie fallen etwa zeit- und nutzungsabhängige Kfz-Versicherungen, die sich stärker an der tatsächlichen Nutzung des Autos orientieren. Auch verstärkte Kooperationen, etwa mit Autoherstellern für individuellere Policen, zeigen, dass in etablierten Produkten Innovationspotenzial steckt.
Am interessantesten sind die neuen Cyber-Versicherungen, um sich gegen Hacks und Datenverluste abzusichern. Noch ist jedoch nicht ganz geklärt, wie sich die Risiken am besten bewerten lassen, da eine verlässliche Basis schwer zu etablieren ist. Doch technische Hilfen wie Real Time Analytics lassen Unternehmen Datenlecks schneller erkennen und helfen, Schäden zuverlässiger zu bewerten. Hier wird sich einiges tun, daher wird die Cyber-Versicherung eines der spannendsten Produkte in diesem Jahr.
Standardisieren und Synergien in der IT nutzen
Versicherungen müssen sich noch auf einer anderen Ebene anpassen: Die Niedrigzinsen verlangen danach, die Kosten herunterzufahren. Vor allem im Bestands- und Schaden-Management wollen viele die selbstgestrickten Lösungen aus der Vergangenheit durch Standardsoftware ersetzen. Hier ist Vorsicht geboten, denn individualisierte Systeme bieten gerade bei sehr ähnlichen Produkten einen Marktvorteil. Und die Standardsoftware muss in die Prozesse und IT-Systeme der Versicherung integriert werden. Daher gilt: Standardisierung ja, aber mit Augenmaß.
Handlungsbedarf ergibt sich bei der internen IT noch an vielen anderen Stellen: Noch immer setzen Versicherungen teils hunderte verschiedener Systeme ein. Zahlreiche Anwendungen benötigt jedoch niemand mehr. Bei bestehendem Bedarf lassen sich Anwendungen zusammen mit anderen Systemen durch eine neue Standardsoftware ersetzen. Ein umfassendes IT-Portfoliomanagement identifiziert Synergien und spart Kosten.
Die aktuellen IT-Trends fordern Versicherer heraus, sich stärker zu digitalisieren. Sie sollten Insurtechs, Produktinnovationen und IT-Systemoptimierung als Chancen begreifen, um ihre Marktchancen deutlich zu verbessern.