Blockchain?! Das ist doch das mit den Bitcoins, oder?

Blockchain?! Das ist doch das mit den Bitcoins, oder?

Mit dem Begriff „Blockchain“ verbinden die meisten Menschen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum. Was vielen nicht bewusst ist: Kryptowährungen stellen nur einen speziellen Anwendungsfall für die Verwendung einer Blockchain dar. Vorteile bietet diese Technologie auch für den 3D-Druck. Warum genau eignet sich Blockchain für diese Art der Fertigung?

Die eigentliche Idee hinter einer Blockchain ist die (nahezu) manipulationssichere, dezentrale Speicherung beliebiger Daten mittels kryptographischer Methoden. Dies schließt nicht nur simple Textdateien, Bilder oder die Dokumentation von Transaktionen in Kryptowährungen ein. Es können auch komplett automatisierte Verträge bzw. Programmabläufe, sogenannte Smart Contracts, samt durchgeführter Aktionen und Transaktionen fälschungssicher und damit nachweisbar hinterlegt werden.

Diese Eigenschaften machen das Thema Blockchain natürlich nicht nur für Finanztransaktionen in Bitcoin interessant, sondern für alle Anwendungsgebiete, in denen das Thema Nachweisbarkeit eine entscheidende Rolle spielt. Die Vorteile der Blockchain-Technologie für eines dieser Anwendungsgebiete, nämlich für die Additive Fertigung, auch bekannt als 3D-Druck wurde daher im Rahmen der zweiten Software AG Innovation Week im letzten Herbst genauer beleuchtet.

Die Innovation Week ist ein Software AG-interner Hackathon zur Förderung und prototypischen Umsetzung von innovativen Ideen und Konzepten im Rahmen einwöchiger Kurzprojekte. Sie findet zweimal im Jahr jeweils im Frühjahr und Herbst statt. Die Ideen für die Kurzprojekte kommen direkt von Mitarbeitern und werden von diesen in kleinen Teams während der Innovation Week prototypisch umgesetzt. Die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse werden am Ende der Innovation Week in einem Webcast vorgestellt und fließen gegebenenfalls auch in Produkte der Software AG ein.

Blockchain: Sensible Daten müssen manipulationssicher sein

Die additive Fertigung bietet neue Ansätze in der Fertigung. Hierbei werden Erzeugnisse durch sukzessives Auftragen von Materialschichten produziert. Mit 3D-Druckverfahren wie DMLS (Direct Metal Laser Sintering) können durch spezielle Formgebung komplexe funktionale Komponenten mit geringem Gewicht hergestellt und Ersatzteile lokal bedarfsgerecht produziert werden. Für zulassungsrelevante Industriezweige, in denen die Erzeugnisse u.a. mechanischen oder thermischen Anforderungen genügen müssen, ist deren Fertigungsvorgang mit einer Vielzahl von Branchenanforderungen und Zulassungsschritten verbunden. Um das Potenzial der additiven Fertigung auch hier voll ausschöpfen zu können, ist es notwendig, die Daten der einzelnen Prozessschritte (Konstruktion, Fertigung, Nachbearbeitungsprozesse und begleitende Qualitätssicherung) zu bündeln und allen berechtigten Personen zugänglich zu machen. Da es sich hierbei um sensible Daten handelt, muss gewährleistet sein, dass diese auch nachträglich nicht mehr geändert werden können. Die während des Fertigungsvorgangs gesammelten Sensordaten werden konkreten Bauteilen zugeordnet. So kann dokumentiert werden, ob die Vorgaben für jedes additiv gefertigte Teil eingehalten werden.

Wenn Blockchain-Technologien wie Smart Contracts verwendet werden, können sämtliche Daten der additiven Fertigung vom 3D-Design über die Zuordnung von Fertigungsanforderungen und Fertigungsprotokolle manipulationssicher in einer Blockchain-basierten Plattform verwaltet werden.

Prototyp einer Blockchain-basierten Web-Plattform für den 3D-Druck entwickelt

In der Innovation Week nun wurde das Projekt „Blockchain-based Additive Manufacturing Management“ angegangen. Das Ziel: eine prototypische Entwicklung einer Blockchain-basierten Web-Plattform für die Additive Fertigung, welche den gesamten Fertigungsprozess von der Vermarktung und Zertifizierung der 3D-Modelle bis hin zur Druckbeauftragung und -durchführung abbildet sowie automatisiert und fälschungssicher dokumentiert.

Das Ergebnis des Hackathons ist vielversprechend: Die entstandene Web-Plattform mit angeschlossener Blockchain ermöglicht es Designern, 3D-Modelle wie z.B. Maschinenersatzteile für den 3D-Druck von zugelassenen Zertifizierungsstellen zertifizieren zu lassen und anschließend über einen Webshop zu vertreiben. Zu jedem 3D-Modell wird eine eindeutige Prüfsumme (Hash) berechnet und unveränderlich in der Blockchain abgelegt, welche das Modell eindeutig identifiziert. Hierdurch kann jederzeit verifiziert werden, ob ein 3D-Modell im Nachhinein verändert wurde. Aus Speicherplatzgründen werden die 3D-Modelle selbst nicht in der Blockchain abgelegt. Sie werden stattdessen im sogenannten Interplanetary File System gespeichert und über ihren in der Blockchain gespeicherten Hash dort eindeutig identifiziert.

Bei der Zertifizierung wird dann geprüft, ob das jeweilige Modell für den 3D-Druck zugelassen ist und welche Vorschriften eingehalten werden müssen. Hier können beispielsweise die zugelassenen Materialien und Materialeigenschaften, sowie Bedingungen an den Druckprozess, wie das Einhalten bestimmter Temperaturbereiche, definiert werden. Diese Parameter werden im Anschluss manipulationssicher in der Blockchain für das entsprechende Modell abgespeichert.

Die Kaufabwicklung wird ebenfalls über die Blockchain in Kombination mit einem Smart Contract automatisiert und abgesichert. Hierbei wird genau festgelegt, welcher Käufer von welchem Verkäufer welches 3D-Modell zu welchem Preis erwirbt. Käufer und Verkäufer werden hierbei anhand ihrer Blockchain-Adressen identifiziert, das 3D-Modell wie oben beschrieben über seinen Hash. Der Vertrag als auch die darin definierten Transaktionen werden unveränderlich in der Blockchain abgespeichert. Dadurch wird der Kaufpreis automatisch dem Käufer abgezogen und dem Verkäufer gutgeschrieben. Außerdem wird der Nachweis erbracht, ob ein Käufer das Recht zum 3D-Druck eines bestimmten Modells erworben hat oder nicht.

Die zertifizierten 3D-Modelle können nach Erwerb oder Lizensierung direkt auf einem 3D-Drucker gedruckt werden, der mit der IoT-Plattform Cumulocity verbunden ist. Durch einen weiteren Smart Contract wird der Druckauftrag an einen Cumulocity Agent übertragen, der den Druckvorgang steuert und in Echtzeit überwacht. Die bei der Herstellung erfassten Sensorwerte werden dezentral gespeichert und deren Prüfsumme unveränderlich in der Blockchain abgelegt. So kann jederzeit validiert werden, ob beim Druck all das eingehalten wurde, was zuvor bei der Zertifizierung als Bedingung definiert worden war. Zusätzlich werden die erfassten Sensorwerte an Cumulocity übermittelt und mit der Streaming-Analytics-Plattform Apama verarbeitet- So kann der Druckvorgang in Echtzeit überwacht werden. Das heißt konkret, dass aus den in der Blockchain formulierten Bauteilanforderungen automatisiert ein Programm zur Überwachung der Sensordaten (Event Monitor) erzeugt wird. Sollte es zu Abweichung der Produktion gegenüber den Vorgaben kommen, wird eine Warnung ausgelöst. Werden Grenzwerte überschritten, kann der Druck auch abgebrochen werden.

Blockchain-Technologie in Forschungsprojekten

Die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie werden übrigens auch im Rahmen des durch das BMWi geförderten Forschungsprojekts AUDIo genauer untersucht. Hier geht es um die Entwicklung einer Auditlösung für datengetriebene Dienstleistungen mit Machine Learning-Ansätzen auf Basis der Blockchain.

In dem vom BMWi geförderten Forschungsprojekt AMCOCS wird eine KI-gestützte Plattform für digitale Prüf- und Zertifizierungsverfahren in der additiven Fertigung erforscht. Hier bietet Blockchain, wie in dem entwickelten Demonstrator gezeigt, das Potential, die Integrität von Daten über mehrere Organisationen hinweg sicherzustellen.

In dem ebenfalls vom BMWi geförderten Forschungsprojekt Add2Log wird eine Plattform für dezentrale Produktion und Auslieferung von Bauteilen auf Basis additiver Fertigung und agiler Logistik erforscht und entwickelt. Bei der Fertigung von Bauteilen nach Konstruktionsplänen von Kunden, ist es wichtig, sicherzustellen, dass die zur Verfügung gestellten Pläne nur für die vertraglich vereinbarten Zwecke und in dem vereinbarten Umfang verwendet werden. Digitales Lizenzmanagement auf Basis von Blockchain-Technologie kann dabei helfen, dieses zu gewährleisten.

Und auch in der Energieversorgung kann diese Technologie genutzt werden. In dem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt SynErgie 2 wird untersucht, wie Blockchain und ähnliche Technologien beim lokalen Handel und Nachweis in der flexiblen Energieversorgung von Fabriken anhand von Maschinen- und Stromzählerdaten genutzt werden kann.

Teilen: