Das Industrial Internet of Things (IIoT) ist ein zentrales Thema für deutsche Unternehmen. Doch wer vorne mit dabei sein will, muss Innovationen schnell umsetzen und auf den Geschäftsnutzen fokussieren. Die Management- und Technologieberatung Detecon unterstützt Unternehmen dabei, die richtigen Ideen, Architekturkonzepte und Implementierungen zu finden. Dabei setzt sie auf die Plattformen der Software AG. In Teil 1 dieses Interviews mit Detecon-CEO Dr. Heinrich Arnold ging es um den Status quo Deutschlands in Sachen IoT, aktuelle Herausforderungen und die neuen Digital Engineering Center von Detecon. In Teil 2 sprechen wir über die Partnerschaft mit der Software AG, die Vorteile von Referenzarchitekturen und aktuelle IoT-Trends.
Herr Dr. Arnold, wie sieht Ihre Partnerschaft mit der Software AG aus?
Für IIoT-Projekte braucht man immer eine geeignete Plattform. Die Software AG gehört in diesem Bereich zu den führenden Anbietern. Ihre Plattform ist bei vielen unserer Kunden im Einsatz. Sie ermöglicht es, Dinge einfach anzuschließen und zu verwenden. Deshalb nutzen und empfehlen wir die Plattform auch in unseren Digital Engineering Centern. Detecon und die Software AG verbindet, dass wir beide „Digitalisierung Made in Germany“ machen. Begonnen haben wir unsere Zusammenarbeit bereits 2003. Damals waren wir als alfabet und Detecon in einem gemeinsamen Projekt bei der T-Systems. Ziel war, faktenbasiert auf Basis von Architekturen globale Budgets in einem schlanken und effizienten Projekt-Portfolio zu steuern. Dafür entwickelten wir einen Prozess mit entsprechender Softwarelösung. Hieraus entstand eine strategische Partnerschaft.
Welche Vorteile bietet diese Zusammenarbeit?
Wir sind zwei Partner, deren Skills und Erfahrungen sich perfekt ergänzen. Auf der einen Seite haben wir die Software AG mit ihrer preisgekrönten digitalen Plattform und deren Komponenten und viel Erfahrung in Industrie 4.0-Projekten. Auf der anderen Seite verfügt Detecon über mehrjährige Erfahrung im strategischen und konzeptionellen Bereich der Smart Factory. Als Management- und Technologie-Beratung hat Detecon fachseitig schon viele Projekte großer und mittlerer Kunden aus der Automobilbranche und im Maschinenbau begleitet.
Auf der Hannover-Messe haben Sie ja bereits einen gemeinsamen IIoT- Demo-Case vorgeführt.
Genau. Dieser Demo-Case ist jetzt übrigens im IIoT-Center in Berlin zu sehen und wird dort kontinuierlich weiterentwickelt. Wir haben dafür eine Modellfabrik aus Fischertechnik aufgebaut. Klingt erst mal wie eine Spielerei, bildet aber eine Industrie 4.0-Umgebung realistisch nach. Zum Beispiel haben Industrieanlagen proprietäre Controller – Fischertechnik auch. Unser Szenario besteht aus einem Kran und zwei Bändern. Der Greifer des Krans soll automatisch erkennen, welches Produkt angeliefert wird. Daraufhin entscheidet er autonom, ob er es auf das rechte oder das linke Band legt. Außerdem soll der Kran selbst überprüfen, ob er präzise genug greift oder sich justieren muss. Bei diesem Demo-Case haben wir die dreistufige Referenzarchitektur des Industrial Internet Consortium umgesetzt.
Könnten Sie das etwas genauer ausführen?
Eine Referenzarchitektur hilft dabei, die konkrete Architektur für einen Anwendungsfall zu entwickeln und sich dabei die richtigen Fragen zu stellen. Das IIC hat dafür einen dreistufigen Ansatz entwickelt. Auf der ersten Stufe befindet sich ein Edge-Computer, der direkt am Ort des Geschehens steht. Er sammelt die Daten der Sensoren und Aktoren und filtert sie. Nur relevante Daten für die Auswertung leitet er weiter an die zweite Stufe, die Plattform-Ebene. Diese bietet Werkzeuge für umfangreichere Analysemöglichkeiten an. Auf der dritten Stufe stehen dann die Geschäftsanwendungen im Unternehmen. Dieses logische Modell muss in der Praxis immer individuell an den Einzelfall angepasst werden. Bei unserer Fischertechnik-Fabrik haben wir zum Beispiel erste Analysemöglichkeiten bereits auf den Edge-Rechner verschoben, um Latenzzeiten zu reduzieren. Wir wollten ja, dass der Kran-Arm sich in Echtzeit selbst justiert, sobald er merkt, dass er nicht präzise greift.
Wird diese Referenzarchitektur bereits in der Praxis umgesetzt?
Das IIC, aber auch andere Firmen haben in sogenannten „Test Beds“ Anwendungsfälle erprobt und auch veröffentlicht, die nicht nur die Wirksamkeit dieser Architektur und die vielleicht noch offenen Handlungsfelder zeigen, sondern auch den geschäftlichen Nutzen erkennen lassen. Edge-Rechner werden mittlerweile überall angeboten. Für alle Anwendungsfälle, bei denen schnelle Entscheidungen vor Ort nötig sind, löst der dreistufige Ansatz mit Edge Computing das bisherige Architektur-Konzept „alles in die Cloud“ ab.
Ist Edge Computing auch für andere Branchen als die Industrie geeignet?
Absolut, das ist branchenunabhängig. Nehmen wir das Beispiel Fahrerassistenzsysteme. Stellen Sie sich ein Auto vor, das sich einer Gruppe von Fußgängern nähert. Plötzlich betritt einer davon die Fahrbahn. Das Antikollisionssystem wertet Daten von Sensoren aus, die exakt solche Situationen erkennen und daraus Befehle bis zum automatischen Stopp des Fahrzeugs absetzen können. Würde diese Analyse und Befehlsübermittlung in der klassischen IT-Architektur erfolgen – also über die Cloud in einem zentralen Dienst – wäre die Reaktionszeit sicher zu lang und auch unvorhersehbar.
Werfen wir abschließend noch einen Blick in die Zukunft. Was sind die IoT-Trends 2018?
Die Entwicklung geht immer mehr zum digitalen Zwilling. Alles, was wir in der realen Welt haben, wird sich künftig auch per Software im Internet abbilden lassen. Das heißt, Dinge bekommen dynamische Abbildungsmodelle in der virtuellen Welt. Mit Hilfe solcher digitaler Zwillinge können wir zum Beispiel ortsunabhängig Problemstellen erkennen, Lösungen identifizieren und umsetzen. Das wird für nahezu alle Branchen relevant sein. In der fertigenden Industrie gibt es bereits erfolgreiche Umsetzungen. Wir begleiten viele solcher Initiativen. So haben wir zum Beispiel mit dem Verein Prostep das Projekt Sync Factory Twin durchgeführt. Es dient dazu, mithilfe eines digitalen Zwillings Geschäftsszenarien in der Produktion auszutesten.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Arnold.
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